Aktuelles / Notizen

24.06.2016

SN Porträt Christian Amsler


zu den Regierungsratswahlen 2016

«In den letzten vier Jahren hat die bürgerliche Mehrheit ja keine neoliberalen Experimente getrieben, sondern sogar Steuererhöhungen vertreten»: Regierungsrat Christian Amsler in seinem Büro. Bild Michael Kessler, Schaffhauser Nachrichten

Regierungsratswahlen – Christian Amsler, Regierungsrat FDP

«Mit Herzblut» möchte sich Regierungsrat Christian Amsler in einer weiteren Amtszeit für den Kanton und seine Bewohner einsetzen. Und er will Erziehungsdirektor bleiben.

VON MARK LIEBENBERG, Schaffhauser Nachrichten, 24.6.2016

Sein Büro strahlt so gar nichts Repräsentatives aus. Es ist auch nicht besonders aufgeräumt. In der Mitte ein grosser Sitzungstisch, auf dem sich Papierstapel türmen. Bunte Tableaus von regionalen Künstlern hängen neben Plakaten vom Schaffhauser Jazzfestival und Schülerzeichnungen am Täfer. In einem offenen Gestell ein Gewirr von Bundesordnern, Büchern, Prospekten. Hinter dem Schreibtisch guckt Amsler der Schaffhauser Maler Bruno Ritter in einem Selbstporträt über die Schultern. «Er regiert mit», scherzt der Erziehungsdirektor.

Seit sechs Jahren ist der Stettemer im Amt. «Es waren sechs unglaublich spannende Jahre. Ich denke, diese Arbeit entspricht mir voll und ganz», sagt Amsler. Der frühere Lehrer steht auch vom Budget her (125 Millionen Franken) dem grössten Departement vor. Dort fühlt er sich in seinem Element. «Ich bin gerne vorn an der Front, bin weniger der Schaffer im stillen Kämmerlein.» Der Austausch mit Mitarbeitern und vor allem mit den über 1000 Lehrpersonen im Kanton sei ihm wichtig. Das gilt für die Departementsführung – aber auch für die Arbeit im Regierungsrat. «Es braucht einen politisch breiten Blickwinkel und vernetztes Denken – etwa bei der wohl grössten Herausforderung der nächsten Jahre: dem Umgang mit dem demografischen Wandel», findet Amsler. «Nur so gibt es Gewähr, dass für die ganze Gesellschaft tragfähige Lösungen entstehen.»

In den vergangenen zwei Jahren stände viel Arbeit unter dem Leitstern des Sparens, stellt Amsler fest. Sein Departement hatte dem Sparpaket rund zehn Millionen Franken beizusteuern. «Das war alles andere als leicht, aber ich bin zuversichtlich, dass wir dank der Kraftanstrengung die Finanzen ins Lot gebracht haben.»

Auch Amslers Einstieg ins Erziehungsdepartement war nicht leicht: Kaum war er zwei Monate im Amt, streikten die Lehrer vor seinem Fenster. Die Streitfragen konnten gelöst werden, aber dann, nach der Wiederwahl im Jahr 2012, scheiterte die Regierung mit der Schulleitungs-Vorlage an der Urne. «Das war ein grosser Wermutstropfen, und das Thema holt uns immer wieder ein.» Viele Gemeinden hätten anschliessend von selbst geleitete Schulen eingeführt. «In der Stadt und in anderen Gemeinden müssen in der heutigen komplexen Schulwelt die Lehrer entlastet werden», sagt Amsler. «Ich bin überzeugt, wir brauchen das. Wir sind bald der letzte Kanton, der keine Schulleitungen hat!»

«Spüre Vertrauen in meine Person»

Amsler ist gut auf den Besuch der SN vorbereitet. Er hat eine Liste mit persönlichen Highlights der vergangenen Legislatur und den Herausforderungen der Zukunft zusammengestellt. Was motiviert ihn für eine weitere Amtszeit? «Ich möchte mich für den Kanton Schaffhausen weiterhin mit Herzblut einsetzen. Weiter will ich mich für ein starkes Bildungsangebot im Kanton einsetzen, bei dem der Mensch im Zentrum des Handelns steht. Vonseiten der Behörden, der Elternschaft und der Schaffhauser Lehrerschaft spüre ich ein Vertrauen in meine Person.» Zwar verteilt der neu gewählte Regierungsrat nach den Wahlen die Departements neu. Eines sei aber jetzt schon klar: «Falls ich wiedergewählt werde, möchte ich im Erziehungsdepartement bleiben.»

Christian Amsler dürfte der landesweit bekannteste der Schaffhauser Regierungsräte sein. Als Präsident der Deutschschweizerischen Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK) hat er namentlich die Einführung des umstrittenen Lehrplans 21 zu verantworten. «Ja, da habe ich in den Medien ziemlich viel Aussenwirkung erreicht. Das ist ja nicht unbedingt schlecht für den Kanton.» Dieses Amt läuft Ende Jahr aus. Aber es gebe ja noch weitere Optionen, meint Amsler und schmunzelt vielsagend. Fakt ist: Die gesamtschweizerische EDK braucht einen neuen Präsidenten. Sein Image als «Mister Lehrplan 21» hat ihn jedoch in Teilen des rechtsbürgerlichen Lagers zum Feindbild gemacht. «Ach wissen Sie, auch ganz viel irrationale Kritik an der Volksschule manifestiert sich am neuen Lehrplan und hat damit eigentlich gar nichts zu tun.» Wenn Schlagworte wie Wasserkopf und Bildungsbürokratie fallen, leide er mit seinen Mitarbeitern mit. «Ich besuche jeden Monat eine Schule im Kanton, und ich sehe ja, wie sie sich einsetzen.» Sicher ist: Die strittigen Themen rund ums Bildungswesen werden nicht so schnell ausgehen.

Amslers Wunschregierungsrat setzt sich auch ab 2017 aus vier Bürgerlichen und einem SP-Vertreter zusammen. «FDP-Kandidat Martin Kessler und ich würden uns in der Regierung sehr gut ergänzen», sagt der Erziehungsdirektor. Mit Kessler wäre auch wieder ein Unternehmer in der Regierung. «Wir stehen beide für eine vernünftige, pragmatische und lösungsorientierte Politik.» In den letzten vier Jahren habe die bürgerliche Mehrheit ja keine neoliberalen Experimente getrieben, sondern sogar Steuererhöhungen vertreten. «Ich verstehe mich als Brückenbauer», sagt Amsler. «In den meisten Fragen stehe ich klar in der Mitte, bei Gesellschafts- und Umweltfragen bin ich offen, in Wirtschafts- und Finanzfragen vertrete ich eine freiheitliche Grundhaltung.»

Dass er zudem noch Kultur- und Sportminister ist, bezeichnet er als eine «glückliche Fügung». Von seinem Büro aus sieht er jeweils auf die «Stars in Town»-Bühne. Als passionierter Jazzpianist fühle er sich im Kulturbereich wie ein Fisch im Wasser.

«Ich stehe gerne vorn an der Front, bin weniger der Schaffer im stillen Kämmerlein. Es braucht den breiten Blickwinkel.»

Christian Amsler FDP

Geboren 21. November 1963

Zivilstand Verheiratet mit Liliane Amsler-Baltiswiler. Eine Tochter und zwei Söhne: Selina (24), Florian (23) und Ueli (21)

Wohnort Stetten

Beruf Lehrer, früher Prorektor, Weiterbildung und Dienstleistungen Pädagogische Hochschule Schaffhausen, seit 2009 Regierungsrat des Kantons Schaffhausen, Vorsteher des Erziehungsdepartements, Präsident der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz (seit 2012)

Politik Gemeindepräsident in Stetten (2000 bis 2008), ehemals FDP-Fraktionschef im Kantonsrat, Mitglied des FDP-Parteivorstands

Militär Oberst im Ter Reg 4

Hobbys Natur (Rhein und Randen), Musik (Klavier, Jazz und Klassik), Sport (Nordic Walking und Schwimmen), Zeitungen lesen, Schreiben, Wildbienen

Internet www.christianamsler.ch