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01.05.2017

100 Jahre Künstlerdorf Ramsen


Laudatio RR Christian Amsler

Laudatio zur Vernissage „100 Jahre Künstlerdorf RAMSEN“ Grusswort Regierungsrat Christian Amsler am Samstag, 29.4.2017, Aula Wisli Ramsen 

Liebe Künstlerinnen und Künstler
Liebe Vernissagenbesucherinnen und –besucher 

Wir stehen hier heute zusammen. Zusammenstehen: Zusammen sind wir stark heisst es doch so schön. Zusammen können wir viel erreichen. Ein Puzzle fügt sich zu einem Gesamtbild zusammen. Ein farbiges Mosaik besteht aus vielen Einzelteilen. 

13 weit über die Grenzen hinaus bekannte Ramsemer Künstlerinnen und Künstler wurden hier zusammengefügt, ergeben ein eindrückliches Gesamtbild des vielfältigen kulturellen Schaffens. Einige kenne ich persönlich schon länger, habe deren Schaffen stets bewundert und verfolgt. 

Dazu gehört natürlich auch mein Lieblingsschauspieler Mathias Gnädinger. Sein Werk  – gewaltig, gross, grossartig – wie Mathias Gnädinger eben war und immer mit seinem Werk weiter sein wird. Mathias Gnädinger, der 2015 so überraschend, unerwartet und unfassbar für uns alle verstorben ist, war für mich die Ramsemer Verkörperung, das Ramsemer Urgestein schlechthin. Zusammen mit seinem Onkel Seppel Gnädinger, dessen gewaltige, strichintensive und fröhlich-farbige Bilder ich so sehr bewundere. 

Ja, Ramsen ist auch eine bestimmte Schaffhauser Welt für sich – für Aussenstehende vielleicht dann und wann auch etwas knorrig und speziell, - e oogeni Welt, Bekenntnis zu den Wurzeln und zur Heimat gepaart mit konsequenter Weltoffenheit, wie sie bspw. Seppel Gnädinger ganz stark verkörpert hat, wie auch sein Neffe Mathias Gnädinger. 

Aber auch Nähe zur Natur und Respekt vor der Natur! Schollenverbundenheit, Ehrung der einheimischen Naturpracht. Grossartig wie Bauerndichter Jakob Brütsch seine „Warning“ zu Papier bringt: 

„I der Natur cha me uffs Tach gää, sie loot sich mänggs gfalle,
doch mönd i inacht näh, si zooget no d Chralle!“ 

Man kann fast nicht kürzer und treffender zum Respekt vor der Natur aufrufen. 

Ernst A. Rubli hat mein Zunft Familienwappen gemalt, Hansueli Holzer und die leider viel zu früh verstorbene Sybilla Holzer waren meine geschätzten Werklehrer im Seminar anfangs 80er Jahre, und die damals noch recht kleine und in den Windeln liegende Tochter Annina (geboren 1981) – heute eine der Künstlerinnen, hatten sie auch dann und wann dabei. Hansueli Holzer mit seinen filigranen, wunderbar kunstvollen Holzschnitten, „Kinder spielen unter der Schüppel Eiche“, oder das legendäre „No e Wili Plakat“ mit dem Nachtwächter vor Steiner Häuserkulisse.

Auch alle anderen Künstlerinnen und Künstler tragen zu diesem Gesamtwerk bei..

Diese Künstlerinnen und Künstler leisten selber einen aktiven Beitrag! Die tun was!

Jene unter Ihnen, die kleine Kinder hatten oder solche haben, wissen, wie halsstarrig, verstockt und trotzig sich der Nachwuchs anstellen kann, wenn Eltern mit den besten Absichten ihm etwas beizubringen oder vorzuzeigen versuchen. Schon der Zweijährige lässt sich kein Spielzeug mehr vorführen. Im Gegenteil, er hält es fest umklammert und argumentiert - zwar kaum der Sprache mächtig, doch mit grosser Ernsthaftigkeit und nur mit einem einzigen Wort: „Sälber". Bzw. Sälber mit Ausrufezeichen. 

Sollten Sie eines oder mehrere solcher Kinder haben: Beglückwünschen Sie sich, und lassen Sie es im Interesse des Kantons Schaffhausen gewähren. Das nämlich gibt sehr gute Bürgerinnen und Bürger. Kreativ sein! Selber machen. Selber denken. Selber überprüfen. Selber Verantwortung übernehmen. Selber bestimmen und auswählen. Das sind Dinge, die viele von uns für selbstverständlich halten, die es aber gar nicht sind. Selber entscheiden, was man malt, worüber und wie man schreibt, im Übrigen auch nicht. 

Selber hinterfragen und selber aufstehen, wenn man nicht einverstanden ist, ist leichter gefordert als getan. Wer es nicht glaubt, muss immer weniger weit ins Ausland reisen, um sich zu überzeugen. Die Vergangenheit lehrt uns, dass kein Wohlstand und keine politischen Rechte selbstverständlich sind. Jede Scheusslichkeit der Geschichte kann sich wiederholen. Und deshalb lohnt es sich zu recherchieren.

Zu malen, was ist.
Zu schreiben, was passiert.
Zu fotografieren, was vor sich geht.
Zu berichten, wie und warum es vor sich geht.

Es einzuordnen, und darüber nachzudenken, wie es weitergeht oder weitergehen könnte. Bei uns und anderswo. 

Kritisch und eben, wie bei den Kindern, sälber

Ihr habt Grossartiges geleistet. Ich kann mir lebhaft vorstellen, welch immense Vorbereitungsarbeit für diese Ramsemer Kunstwerkschau zu leisten war. Das finde ich grossartig und ich ziehe sicherlich im Namen aller Vernissagenbesucher den Hut vor dieser organisatorischen Meisterleistung, so viele Künstlerinnen und Künstler zusammen zu bringen! 

Ich bin sehr gerne mit meiner Gattin Liliane zu euch nach Ramsen gekommen, zu dieser bunten, kreativen Werkschau im eindrücklichen Künstlerdorf Ramsen. Darauf könnt ihr stolz sein! 

13 individuelle Kunstschaffende als Mosaik zusammengesetzt, Zusammenstehen, zusammen das Gesicht der Welt verändern – das würde Mathias Gnädinger auch sehr gefallen, denn dies war und ist seine Botschaft an uns alle. Ramsen lebt das mit seinem Dorfgeist eindrücklich. Herzlichen Dank, dass wir alle Zeugen davon sein dürfen von diesem wunderbaren Moment. 

Infos zur Vernissage > Übersicht über alle Künstlerinnen und Künstler [PDF]

Natürlich gibt es Ramsen schon seit mehr als 100 Jahren. (Im Jahr 846 wurde Ramsen erstmals urkundlich erwähnt.) 

Aber dass sich in unserem 1467 Seelen zählenden Dorf in den letzten hundert Jahren 13 Kunstschaffende entwickelt haben, die weit über unsere Grenzen hinaus bekannt geworden sind, ist doch sehr bemerkenswert. 

Eine Ausstellung, die auf die Initiative von Ueli Greminger- Balsiger und Hansueli Holzer entstanden ist, vereinigt jetzt Werke dieser dreizehn Persönlichkeiten unter einem Dach und gibt einen interessanten Einblick in ihr Schaffen.  

Wir danken den Leihgebern, die Werke der verstorbenen Künstler zur Verfügung gestellt und auch den Sponsoren, die diese einzigartige Ausstellung ermöglicht haben. 

Werke von: 

Albin Schweri Glasmaler 

Jabob Brütsch Zeichner 

Jabob Brütich Dichter 

Joseph Gnädinger Maler 

Mathias Gnädinger Schauspieler 

Ueli Greminger-Balsiger 

Ernst Alexander Rubli 

Friedrich Brütsch 

Hansueli Holzer 

Annina Holzer 

Daniel Mäder 

Roland Uetz 

Leo Sätteli 

Um das Werk des Schauspielers Matthias Gnädinger zu würdigen, zeigen wir während der ersten Ausstellungswoche täglich den Film «Big Deal». Während der zweiten Ausstellungswoche «Das Boot ist voll». Beginn 10.00, 14.00, 16.00 und 18.00 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Vom Dichter Jakob Brütsch können Gedichte in Original-Tondokumentation gehört werden.