Aktuelles / Notizen

04.05.2017

Beförderungsfeier der Richtstrahlschulen 62


Ansprache RR Christian Amsler

Ansprache RR Christian Amsler anlässlich der Beförderungsfeier der Richtstrahlschulen 62 (Ristl S 62) in Kloten und Bülach (Lehrverbandes Führungsunterstützung 30 (LVb FU 30), Luftwaffe)

Freitag, 2. Juni 2017 in der reformierten Kirche Kloten

„Es lohnt sich, sich für eine sichere Schweiz einzusetzen"

Ich habe Fussball gespielt mit meinen drei Kindern vor unserem Ferienhaus in Wilderswil im Berner Oberland. Ein schwüler Sommertag. Gewaltige Gewitterwolken haben sich zuhinterst im Saxetental über dem Morgenberghorn aufgetürmt. Plötzlich wurde dieser Frieden jäh gestört. REGA Helikopter sind eingeflattert, bald darauf von Presseleuten gecharterte Kleinhelikopter und später sogar grosse CNN Lastwagen mit ihren Satellitenschüsseln auf dem Dach. Das beschauliche Feriendorf wurde arg durchgeschüttelt. Nichts ist mehr wie es eben noch war.

Sie erinnern sich, - es war der 27.Juli 1999, 17:46 Uhr. 21 junge Leute sind damals bei der tragischen Canyoning-Katastrophe ums Leben gekommen. Das war kein Terrorakt, aber auch eine Katastrophe für die direkt Betroffenen und das ganze Dorf Wilderswil. Und wie war das bei 9/11, im Bataclan Paris, in Brüssel, auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin?

A chaque seconde le monde peut sortir de ses rails et tout prétendu système de sécurité peut s'écrouler.

Von einer Sekunde zur anderen kann die Welt aus den Fugen geraten und die vermeintliche Sicherheit gerät arg ins Wanken.

Was ist uns die Sicherheit in unserem Land wert? Sicherheit ist nicht zum Nulltarif zu haben. Mit Sorge beobachte ich den schleichenden Abbau von Sicherheitseinrichtungen in unserem souveränen Staat Schweiz. Dazu gehört die Armee, der man immer mehr Mittel entziehen will.

Sicherheit ist nicht besonders sexy, manchmal sogar fast lästig. Das Gegenteil von Sicherheit ist aber nicht einfach Freiheit, wie manche glauben. Das Gegenteil von Sicherheit ist Unsicherheit und damit auch Angst.

Die Komplexität der Herausforderungen für die sicherheitspolitischen Organe nimmt zu. Eine Tendenz, die sich dadurch kennzeichnet, dass die Zahl relevanter Akteure wächst, das sicherheitspolitische Umfeld fragmentiert wird und das strategische Umfeld der Schweiz durch eine aussergewöhnlich hohe Belastung Europas durch unterschiedliche Krisenlagen geprägt ist.

An den bewährten sicherheitspolitischen Instrumenten – Aussenpolitik, Armee, Bevölkerungsschutz, Grenzwachtkorps, Nachrichtendienst, Polizei, Wirtschaftspolitik, Zollverwaltung, Zivildienst – wird festgehalten. Wir müssen uns aber auch angesichts neuer Bedrohungen verstärkt auf komplexe Szenarien vorbereiten.

Die Armee ist zwar immer noch das wichtigste Instrument zur Verteidigung unseres Landes. Verteidigt wird aber längst nicht mehr nur mit Kanonen und mit dem Kampfjet. Vielmehr geht es bei der Verteidigung darum, Gefahren vorzubeugen, Informationen zu beschaffen, dem Terrorismus die Stirn zu bieten und die Integrität unserer Informationssysteme wirksam zu schützen, während es gleichzeitig immer häufiger zu Cyberattacken kommt: Man schätzt, dass während des letzten Jahres weltweit fast eine Million schädlicher Software-Programme entwickelt wurden, und zwar täglich! Wir versuchen mit modernen Mitteln einen harten Kampf gegen dieses Phänomen zu führen, das in den Bereichen Wirtschaft und Sicherheit einen Schaden in Milliardenhöhe verursacht.

Gerade ist wieder der aktuelle Sicherheitsbericht 2017 des Bundesrates herausgekommen. Schweizerinnen und Schweizerfühlen sich sicher und sehen optimistisch in die Zukunft der Schweiz. Allerdings teilen deutlich mehr Befragte aktuell die Auffassung, dass sich die weltpolitische Lage künftig verschlechtern werde.

Die Tatsache, dass sich der Bürger durch seinen persönlichen Einsatz an der Gesellschaft mitbeteiligt, ist ein Kernstück unserer schweizerischen Eigenart. Dazu müssen wir Sorge tragen und die Bereitschaft haben, ein System zu schaffen, das den veränderten Rahmenbedingungen in der Gesellschaft und in der Wirtschaft entspricht.

Sie nehmen mit Ihrer neuen Funktion Verantwortung wahr. Immer wenn es um Führen von Menschen geht, stehen wir in der Verantwortung.

Das bedeutet, dass wir      Antworten geben können, die überzeugen.Das bedeutet, dass wir      Entscheide treffen, die vor dem eigenen Gewissen Stand halten und die      einem am Abend noch in den Spiegel schauen lassen.Und es bedeutet,      Vorbild zu sein und in jeder Beziehung voranzugehen.

Selber habe ich als Oberst auch rund 1200 Diensttage geleistet. Diese Verantwortung lässt sich nicht einfach delegieren. Unsichtbar auf Ihrem Kampfanzug und direkt über Ihrem Herzen steht auf Ihrem Namensschild nicht nur Ihr Name, sondern auch „Ich bin verantwortlich!". Es steht nicht „Ich war auch dabei und wurde auch verpflegt!" Als militärischer Führer werden Sie sich Ihrer Verantwortung nie entziehen können und dürfen. Teilnahmslosigkeit, Gleichgültigkeit und Feigheit sind die Feinde der Verantwortung.

Wir haben heute leider keine WIR AG, sondern zu oft eine ICH AG. Das Gemeinschaftsgefühl muss darum überall wieder mehr gefördert werden. Denn die Mitverantwortung der Menschen an unserem gesellschaftlichen Leben ist entscheidend. Ich möchte Ihnen zurufen, dass Verantwortung zu übernehmen in jedem Fall gewinnbringend ist, wenn es auch nicht immer der bequemste Weg ist. Lassen Sie sich nicht von Niederlagen und Rückschlägen entmutigen. Verantwortung zu tragen ist ein grosser Wertgewinn für Ihre Person und eine immer wiederkehrende Chance, sich zu bewähren und durchzusetzen. Dieses Mitwirken aller Beteiligten macht schlussendlich auch unser Land Schweiz aus.

Lorsque vous vous trouvez à l'extérieur, en pleine forêt et sous la pluie avec votre groupe ou votre train, les grande théories ne sont d'aucune utilité, car on attendra de vous avant tout que vous soyez digne de foi en tant que meneur et en tant qu'être humain.

Ja, es ist so: Wenn Sie aber draussen im Wald mit Ihrer Gruppe oder Ihrem Zug im kalten Regenwetter stehen, dann sind nicht Theorien gefragt, dann sind Sie primär als glaubwürdiger Chef und Mensch gefragt.

Vor ihnen stehen nämlich auch Menschen, mit unterschiedlicher Ausbildung, unterschiedlicher sozialer Herkunft und ganz unterschiedlichen Haltungen und Lebensauffassungen. Sie verdienen alle Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit, Ihren Respekt und Ihre Achtung. Bleiben Sie dabei sich selber, behalten Sie eine gesunde Prise Humor, bleiben Sie authentisch, stehen Sie zu Ihren Schwächen und Stärken.

Vous faites déjà plus que ce que fait la moyenne des jeunes d'aujourd'hui dans notre pays. L'engagement au profit de la communauté reste cependant aussi dans une certaine mesure lié à la poursuite des intérêts purement personnels.

Sie leisten mehr als der Durchschnitt der heutigen jungen Leute in unserem Land. Das Engagement zugunsten der Allgemeinheit steht nun einmal in einem gewissen Spannungsfeld mit der Verfolgung von puren Eigeninteressen.

Am 21. November 1963 wurde ich geboren, einen Tag später, am 22. November 1963 wurde der 35. Präsident der USA, John Fitzgerald Kennedy zum Entsetzen der ganzen Welt in Dallas, Texas ermordet. Weil mein Bruder in Boston lebt bin ich dann und wann dort. An der  John F. Kennedy Library in Boston steht an der Wand sein berühmter Satz:

„Frage nicht was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst!"

Ich gratuliere Ihnen, dass Sie alle sich diese Frage gestellt haben und die richtige Antwort darauf gefunden haben. Sie stehen heute noch ein Stück mehr in der Verantwortung unseres Landes und dafür danke ich Ihnen ganz herzlich und ziehe den Hut vor Ihrer Leistung! Merci beaucoup! Alles Gute!