Aktuelles / Notizen

10.09.2010

Debatte Bibel verteilen an Schulen


Der Schaffhauser Erziehungsdirektor Christian Amsler würde kein Empfehlungsschreiben für das Verteilen des Korans auf Schulhausplätzen verfassen, denn: «Wir leben hier in einer christlichen Kultur.»

«Wir leben in einer christlichen Kultur»

Das Empfehlungsschreiben, das den Mitgliedern der Gideon-Gruppe den Kontakt zur Schule und damit das Verteilen der Bibel ermöglicht, habe bereits bestanden und sei von ihm lediglich erneuert worden, so Amsler weiter. Er verweist zudem auf die Empfehlungen des Erziehungsrats zum Umgang mit religiösen Fragen an den Schaffhauser Schulen. (ek) 

Nachgefragt

Warum haben Sie die Erlaubnis erteilt?

Christian Amsler: Es ging schlicht und einfach darum, ein bereits bestehendes Empfehlungsschreiben, das es schon bei meinen Amtsvorgängern gab und das es auch in anderen Kantonen gibt, wieder zu erneuern. Ich kann voll dahinterstehen und finde die Arbeit der Gideons sinnvoll. Ich lege Wert auf die Tatsache, dass es sich also nicht um eine Erlaubnis, sondern lediglich um eine Empfehlung handelt, den Mitgliedern der Gideons den Kontakt zur Schule zu ermöglichen. Die Gideons bemühen sich weltweit um die Verbreitung der Bibel. Ein wichtiger Teil ihrer Arbeit ist die Abgabe von Neuen Testamenten in Taschenformat an Schüler, Studenten und Lehrlinge. Bibeln werden auch in Hotels und Spitälern, auf Kreuzfahrtschiffen, im Militär, in Heimen und Arztpraxen kostenlos verteilt und aufgelegt. Gideons sind Berufs- und Geschäftsleute aus verschiedenen Landes- und Freikirchen; sie ermuntern ohne Aufdringlichkeit zu regelmässigem Bibellesen. Es steht jedem frei, das Entgegennehmen der angebotenen Bibel abzulehnen.

Würden Sie auch ein gleiches Empfehlungsschreiben verfassen für das Verteilen des Korans?

Amsler: Da kann ich klar antworten: Nein! Wir leben hier in einer christlichen Kultur. Es ist mir aber klar, dass alle Fragen rund um Religion sehr emotional sind und ganz verschiedene Meinungen in der Natur der Sache liegen. Ich bin sehr daran interessiert, dass wir in unserem Land im Zustand des religiösen Friedens leben, und damit meine ich nicht nur das unbelastete Verhältnis zwischen den verschiedenen Glaubensrichtungen und Religionen, sondern auch das Verhältnis zwischen Kirche und Staat.

Wo liegt in den Schaffhauser Schulen die Grenze, wo religiöse Werbung durch Dritte noch erlaubt ist und wo nicht?

Amsler: Werbe- und Verteilaktionen liegen in der Kompetenz der örtlichen Behörden und der Schulleitungen. Religiöse Werbung darf nicht aufdringlich sein und muss die Glaubens- und Gewissensfreiheit jedes Einzelnen tolerieren. Der Erziehungsrat hat eine in meinen Augen sehr taugliche und differenzierte Empfehlung für den generellen Umgang mit religiösen Fragen an den Schaffhauser Schulen herausgegeben. Dort befassen wir uns mit Themen wie Dispensationen aus religiösen Gründen, Schwimm- und Sportunterricht, Kochunterricht, religiös geprägte Unterrichtsinhalte, Teilnahme an Schulreisen, Exkursionen und Klassenlager und auch mit dem polarisierenden Thema Kleidervorschriften an der Schule. Nochmals: Wir leben in einer christlichen Kultur, und die Werte des Christentums sind eine wichtige Grundlage in unserem Land. Nicht nur die Bundesverfassung beginnt mit der christlichen Präambel, sondern auch unser kantonales Schulgesetz definiert in Art. 3, Abs. 2: «In der sittlich-religiösen Erziehung weckt sie (die Erziehung) die Ehrfurcht vor der Schöpfung, die Verantwortung gegenüber der Natur, die Liebe zu den Mitmenschen, den Sinn für die Gemeinschaft und die Freude am Schönen.»

Interview Erwin Künzi