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01.06.2011

Sache giits! Den Rheinfall in der Nacht bezwungen!


Nicht zur Nachahmung empfohlen...

So sieht eine romantische Bootsfahrt bei Mondschein à la Ron Fischer aus. In einer lauen Frühlingsnacht wollte es der Schweizer wissen und paddelte mit dem Kajak den Rheinfall hinunter. Für Normalsterbliche der sichere Tod, für den Extremkajaker ein Riesenspass. Sein Rezept: wissen wo's lang geht und präzis paddeln

Der Rheinfall bei Nacht hat durchaus seinen Reiz. Aber wohl doch eher nur vom sicheren Ufer aus. Nicht so für den Kajakcrack, der in einer Nacht- und Nebelaktion den grössten Wasserfall Europas erstmals in der Nacht bezwungen hat. Dazu ist nun auf der Red Bull Seite im Internet ein Film aufgetaucht.

Hier geht es zum Film

Eindrückliche Bilder, aber doch eine unmissverständliche Warnung an alle potenziellen Nachahmer: Lasst das lieber bleiben, denn das kann gewaltig ins Auge gehen... 

Interview mit Ron Fischer:

Wie kommt man auf die Idee, den Rheinfall, immerhin einer der grössten Wasserfälle Europas, bei Nacht hinunter zu paddeln?

Ich gehe öfters in der Nacht auf einen Fluss. Man spürt das Wasser viel intensiver, die Wellen kommen einem grösser vor. Den Rheinfall bin ich schon einige Male bei Tag gefahren. Dann wurde eine neue Flutlichtanlage montiert. Der Wasserfall sieht so geil aus in dem Licht, da wollte ich unbedingt in der Nacht runter.

Wie hast du dich im Dunkeln orientiert?

Ich habe eine Vollmondnacht mit klarem Himmel gewählt, denn etwas sehen muss ich schon. Ich war auch etwas beunruhigt, weil ich nicht wusste, wie viel man im Flachwasser unmittelbar vor der Kante sieht, da ja nur das fallende Wasser angeleuchtet wird.
Wie sich zeigte, war die Sicht sehr gut. Ich orientierte mich gleich wie am Tag. Es beginnt bei der Eisenbahnbrücke, bei der man den richtigen Bogen wählen muss, durch den man fährt. Dann kommen zwei leicht überspülte Steine, an denen man sich orientieren kann. Darauf folgt eine kleine Walze, da weiss man auch genau, wo man durch muss, dann eine grüne Welle. Wenn man den Rheinfall zum ersten Mal fährt, ist das alles selbst am Tag schwer zu erkennen. Aber wenn man ihn einmal kennt, ist das kein Problem.

Klingt, als ob es einfach wäre.

Ich bin technisch viel schwierigere Wasserfälle gepaddelt als den Rheinfall. Man muss sich aber bewusst sein, dass man auf einer 150 Meter breiten Abrisskante eine Stelle von 1-2 Metern treffen muss, sonst geht es schief.

Was würde dann passieren?

Fährt man zwei Meter zu weit links in die erste Stufe, bleibt man in einer Walze hängen, aus der man nur ohne Kajak, schwimmend rauskommt. Danach würde man über die grosse Stufe gespült, die auf einen Felsen knallt. Man würde sich wahrscheinlich verletzen, vielleicht sogar ertrinken. Fährt man zu weit rechts rein, ist es weniger schlimm, eine kontrollierte Fahrt ist aber auch dann fast nicht möglich.

Zurück zu deiner Nachtbefahrung. Erzähl mal kurz, wie sie ablief!

Beim ersten Versuch schaltete die Beleuchtung 50 Meter bevor ich über die Kante fuhr von weiss auf dunkelblau. Ich sah trotzdem genug, fühlte mich wohl und hatte Spass. Aber auf den Videobildern sah man nichts. Also machten wir das Gleiche einen Tag später und etwas früher am Abend nochmals.
An dem Tag bootete ich gleich ein, als das Licht anging. Das war ungefähr um viertel vor neun. Es war April, da wird es um diese Zeit schnell dunkel. Dann ging wieder alles sehr schnell. Ich fuhr durch den Eingangskatarakt, sprang über die erste Stufe, dann rechts am Stein vorbei. Dann kommt schon die Abschlussstufe. Die hat ziemlich Power, 90 Kubikmeter pro Sekunde Wasser – oder 90 Tonnen – stürzen auf einen nieder. In der Walze hat es mir dann das Boot vom Arsch gerissen.

Also doch noch ein Notfall?

Nein, der Pool am Schluss ist gross, das Wasser fliesst durch und wird danach ruhig. Das ist keine Walze, die einen packt und drin behält. Ich schwamm raus, packte mein Boot, setzte mich wieder rein. Es war natürlich voll Wasser, aber ans Ufer paddeln ging problemlos. Ich bin den Rheinfall inzwischen achtmal gefahren. Das ist mir erst einmal passiert.

Nun bist du der Erste, der den Rheinfall bei Nacht gefahren ist. Ist er damit für dich gegessen?

Nein, überhaupt nicht. Vor ein paar Tagen fuhr ich ihn mit meiner Freundin Mariann Saether (Profi-Kajakerin aus Norwegen, Red.). Sie ist nun die erste Frau, die den Rheinfall gepaddelt ist. Es gibt noch einige unbefahrene Linien, die ich gerne machen würde.

Was macht den Rheinfall speziell?

Er ist gross, breit, relativ hoch, hat aber keinen Freifall. Er wirkt einfach mega massiv. Es kommt extrem viel Wasser den Rhein runter. Das hält auch viele davon ab, ihn zu befahren. Und die Orientierung ist, wie schon gesagt, beim ersten Mal sehr schwierig

Die letzte Herausforderung ist es, nach der Befahrung nicht von der Polizei geschnappt zu werden.

Vor ein paar Jahren haben ein paar Leute eine Busse bezahlt. Einige paddeln deshalb immer gleich ans deutsche Ufer. Ich habe noch nie Probleme gehabt. Ich gehe aber immer erst, wenn der Fährbetrieb zum Aussichtsfelsen eingestellt ist. Die Fährleute haben die Kajaker gar nicht gern. Wahrscheinlich stehlen wir ihnen die Show. Bei Nacht sieht einen sowieso niemand, das ist ein weiterer Vorteil.