Aktuelles / Notizen

29.06.2013

Ein Lehrplan für 21 Kantone


Artikel der Schaffhauser Nachrichten zum PL 21

Mit dem Lehrplan 21 soll die Volksschule in der Deutschschweiz harmonisiert werden. Zuerst geht er jetzt aber in die Vernehmlassung.

von Erwin Künzi

Luzern/Schaffhausen Nach zwei Jahren Arbeit liegt er jetzt vor: der Lehrplan 21, mit dem die Harmonisierung der Volksschule in der Deutschschweiz vorangetrieben werden soll. Ausgearbeitet wurde er im Auftrag der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK). Präsident dieser Konferenz ist der Schaffhauser Erziehungsdirektor Christian Amsler. Er war es, der zusammen mit seiner Zürcher Amtskollegin Regine Aeppli, dem Aargauer Erziehungsdirektor Alex Hürzeler und dem Lehrervertreter Beat Zemp gestern in Luzern den Entwurf des Lehrplans 21 vorstellte. Mit Stolz und Freude erklärte er: «Der vorliegende Entwurf ist eine gute Grundlage für eine breite Diskussion über den inhaltlichen Auftrag der Volksschule.» Dann nannte er fünf für ihn wichtige Punkte, den Lehrplan 21 betreffend: Es ist der erste gemeinsame Lehrplan der Deutschschweizer Kantone und derjenigen, die einen deutschsprachigen Bevölkerungsanteil haben; er fördert die vom Bildungsartikel in der Verfassung geforderte Harmonisierung; er ist leistungsorientiert; er ist übersichtlich, einfach und verständlich; und alle Kantone können ihn einführen, unbesehen davon, ob sie dem Konkordat Harmos beigetreten sind oder nicht. Der Lehrplan 21 geht jetzt in die Kantone zur Vernehmlassung, die bis Ende des Jahres dauern wird. Die definitive Version sollte im Herbst 2014 von der D-EDK beschlossen werden. Anschliessend ist die Einführung Sache der Kantone.

Wie Christian Amsler gegenüber den SN erklärte, plant er die Einführung für 2016. Zuerst gibt es aber auch im Kanton Schaffhausen eine breit angelegte Vernehmlassung, über die am nächsten Mittwoch informiert wird.

Lehrplan 21: Harmonisierung rückt näher 

Stellten den Lehrplan 21 vor: Beat Zemp, Christian Amsler, Regine Aeppli und Alex Hürzeler (von links).Bild Claudio Minutella

Der Lehrplan 21 hat die Harmonisierung der Volksschulen in den 21 Deutschschweizer Kantonen zum Ziel. Gestern wurde er in die Vernehmlassung geschickt.

von Erwin Künzi

Luzern Im Jahr 2006 hat das Schweizervolk mit grosser Mehrheit dem Artikel 62 der Bundesverfassung zugestimmt. In diesem wird unter anderem festgehalten, dass die Kantone die Ziele der Bildungsstufen koordinieren sollen. Die Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK) ist diesem Auftrag nachgekommen und hat in den vergangenen zwei Jahren, nachdem ein Grundlagenkonzept verabschiedet worden war, den Lehrplan 21 entwickelt. Am 20. Juni haben ihn die Erziehungsdirektorinnen und -direktoren der betroffenen Kantone abgesegnet, und gestern wurde er im Rahmen einer Medienkonferenz offiziell in die Vernehmlassung geschickt. «Ich freue mich sehr über das, was da entstanden ist, und bin jetzt auf die Reaktionen gespannt», erklärte Christian Amsler, Schaffhauser Erziehungsdirektor und Präsident der D-EDK. «Der vorliegende Entwurf ist eine gute Grundlage für eine breite Diskussion über den inhaltlichen Auftrag der Volksschule», fügte er noch an.

Kompetenzen als Herzstück

Was ist und will dieser Lehrplan 21? Ziel sei es, die kantonalen Lehrpläne und -ziele zu harmonisieren, sagte die Zürcher Erziehungsdirektorin Regine Aeppli: «Wir bauen auf bestehenden und bewährten Konzepten und Lehrplänen auf.» Herzstück des Lehrplans 21 sind Kompetenzen. Im Klartext heisst das, dass der Unterricht so gestaltet sein muss, dass die Kinder das erworbene Wissen auch anwenden können. In der elfjährigen Schulzeit, die die Volksschule in allen Kantonen umfassen wird, sollen alle Kinder Grundkompetenzen in den Fachbereichen Mathematik, Fremdsprachen, Schulsprache und Naturwissenschaften erwerben. Darüber hinaus gibt es weiterführende Lernziele. Der Aufbau der verschiedenen Kompetenzen soll in drei Zyklen erfolgen, nämlich im Kindergarten sowie in der 1. und 2. Klasse, der 3.–6. Klasse und der 7.–9. Klasse. Wie die Lehrpersonen dieses Ziel erreichen und die Methode, die sie dafür wählen, ist ihnen überlassen. «Das heisst, es gilt die Freiheit der Methode», betonte Aeppli. Um festzustellen, ob die Kompetenzen in den einzelnen Fächern erreicht worden sind, werden standardisierte Tests durchgeführt, die auch einen Vergleich zwischen den Kantonen erlauben. Schon während der Erarbeitung des Lehrplans 21 gaben die Fremdsprachen zu reden. Hier wurde nichts geändert. Die Fremdsprachen sollen ab der 3. und der 5. Klasse eingeführt werden, wobei die Kantone entscheiden, welche zuerst kommt. Wichtig während der Erarbeitung des Lehrplans 21 war auch der Anschluss an die Berufsbildung und die weiterführenden Schulen. Darauf wurde nicht nur bei den Kompetenzen Rücksicht genommen, sondern auch die berufliche Orientierung als fächerübergreifendes Ziel aufgenommen.

Schulhoheit bleibt bestehen

«Die Hoheit der Kantone über die Volksschule bleibt mit dem Lehrplan 21 bestehen.» Das hielt Alex Hürzeler, Erziehungsdirektor des Kantons Aargau, fest. So legen die Kantone zum Beispiel die Stundentafel fest und sagen, ob sie den Kindergarten beibehalten oder eine Eingangsstufe einführen wollen. Es sind ebenfalls die Kantone, die bestimmen, wann mit welchen begleitenden Massnahmen und welchen kantonalen Ergänzungen sie den Lehrplan 21 einführen wollen. Bei dieser Einführung werden die Lehrkräfte eine entscheidende Rolle spielen. Sie wurden denn auch bei der Entwicklung des Lehrplans 21 von Beginn weg miteinbezogen, was sich, wie Beat Zemp, Zentralpräsident des Dachverbandes Schweizer Lehrerinnen und Lehrer, gestern erklärte, bewährt hat. Er sprach von einem «historischen Moment» und davon, dass der neue Lehrplan zum Kompass für die Steuerung des Unterrichts durch die Lehrpersonen werde. Zur Akzeptanz des Lehrplans 21 durch die Lehrpersonen hat sicher auch die Aussage von Regine Aeppli beigetragen, dass dieser ein Harmonisierungs- und kein Reformprojekt sei. Die Vernehmlassung dauert bis Ende des Jahres, 2014 wird dann die endgültige Version des Lehrplans 21 erstellt. Anschliessend ist es den Kantonen überlassen, ihn einzuführen, was laut Beat Zemp frühestens auf das Schuljahr 2016/17 der Fall sein dürfte.

Lehrplan 21: Die Reaktionen

Luzern Der Dachverband der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH) äussert sich positiv zum Lehrplan 21 (siehe Artikel auf dieser Seite). Entscheidend sei allerdings die Umsetzung in den Kantonen. Dafür müssten genügend Mittel zur Verfügung stehen: «Sparübungen in der Umsetzungsphase, fehlende Lehrmittel, mangelnde Ressourcen bei der Weiterbildung der Lehrpersonen und das Ausscheren von Kantonen würden den Erfolg des neuen Lehrplans stark gefährden», schreibt der LCH in einer Stellungnahme.

Ähnlich äussert sich die SP. Die Umsetzung des Lehrplanes dürfe die Belastung der Lehrerinnen und Lehrer nicht weiter strapazieren. Die CVP begrüsst, dass die Kantone genügend Spielraum hätten, um ihren Bedürfnissen gerecht zu werden. Der Verband der Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz fordert aber, dass die Harmonisierungsziele bei der Umsetzung nicht verwässert werden. Kritik am Lehrplan übt die SVP. Sie lehne Lernen nach dem Lustprinzip und Fremdsparchenunterricht in der Primarschule ab, teilte sie mit. Die Schule müsse die Kinder auf das reale Berufsleben vorbereiten. (ek/sda)

Christian Amsler: «Alle Meinungen zum Lehrplan 21 sind willkommen» 

Der Schaffhauser Erziehungsdirektor Christian Amsler präsidiert auch die Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK). In dieser Eigenschaft präsentierte er gestern in Luzern den Lehrplan 21, der jetzt in die Vernehmlassung geht. Im Interview sagt er, wie es im Kanton Schaffhausen mit dem Lehrplan 21 weitergehe.

Der Lehrplan 21 ist jetzt in die Konsultation gegangen. Wie wird die Stellungnahme des Kantons Schaffhausen erarbeitet, welche Stimmen werden dazu gehört?

Christian Amsler: Darüber werden wir am kommenden Mittwoch die Öffentlichkeit informieren. Ich kann jetzt schon sagen, dass es für alle Interessierten nach den Sommerferien drei Informationsveranstaltungen geben wird. Die Stellungnahme wird dann unter der Federführung der Regierung erarbeitet; der Erziehungsrat und mein Departement haben da schon gute Vorarbeit geleistet, aber wir werden auch diverse Organisationen, die sich um Schulfragen kümmern, anfragen. Aber es sind alle Meinungen willkommen. Wer will, kann sich die Unterlagen unter www.lehrplan.ch beschaffen.

Was ändert sich in der Schaffhauser Volksschule, wenn der Lehrplan 21 umgesetzt wird?

Amsler: Inhaltlich wird sich nichts ändern, denn der Lehrplan 21 ist eine logische Fortschreibung der bestehenden Lehrpläne. Schaffhausen hat bereits einen modernen Lehrplan, einzig die Kompetenzorientierung wird noch verstärkt. Die Überprüfung der Stundentafel wird eine wichtige Aufgabe sein, aber auch da stehen wir gut da und können die vorgegebenen Inhalte des Lehrplans 21 sicher gut umsetzen.

Ab wann wird Ihrer Meinung nach der Lehrplan 21 im Kanton Schaffhausen in Kraft treten?

Amsler: Das hängt davon ab, ob die D-EDK wie geplant den Lehrplan 21 im Herbst 2014 definitiv beschliessen kann. Ist das der Fall, sind die Kantone am Zug. Zürich rechnet mit 2017, Schaffhausen möchte etwas schneller sein und ihn 2016 einführen, und zwar gesamthaft – in einem Schritt.

Interview Erwin Künzi