Aktuelles / Notizen

28.02.2014

Laudatio RR Christian Amsler


Verleihung des Panathlonpreises

...an die Nationalliga A Mannschaft der Damen des FC Neunkirch 

"Einfach hinreissend, mit welcher Eleganz sie ihr Spiel aufzogen, das alles bot, was man von einem guten Fussballspiel nur erwarten kann. Was es da an sauberen Vorlagen, gekonnt vorgetragene Kombinationen wie vom Fliessband, rasanten Flügelläufen und wie gestochen hereinfliegenden Flankenbällen sowie an kraftvollen Torschüssen und prächtigen Abwehrparaden der Torhüterinnen zu sehen gab, musste jedes Fussballherz höher schlagen lassen."

 

Geschätzte Gäste der Feier hier im Park Casino, liebe Panathletinnen und Panathleten, vor allem aber 

Liebe Damen des FC Neunkirch inkl. Beat Stolz und dem ganzen Betreuerinnen- und Betreuerteam 

Nein, es geht im Zitat aus dem Sportteil einer Zeitung nicht um die Männer. Nein, das sind nicht Worte aus unserer heutigen Zeit. Nein, es geht auch nicht um die Damen des FC Neunkirch, was aber auf sie absolut auch zutreffen würde. Immerhin sehen Sie den FC Neunkirch hier auf dem Bild! Das Zitat stammt aus einer Zeitung 1961 und es geht um ein Frauenfussballspiel. 

Ich freue mich sehr, dass ich als Schaffhauser "Sportminister" die Laudatio für diese wunderbare Damen Fussballmannschaft halten darf zur Verleihung des Panathlonpreises 2013. 

Fussball schien lange Zeit mit unhinterfragter Selbstverständlichkeit nur ein Sport für Männer zu sein. Fussball spielende Frauen wurden als Abweichung von der Norm wahrgenommen, sie hatten sich für ihr Fussballspiel zu rechtfertigen und mit Behinderungen und Verboten auseinanderzusetzen. Das war aber nicht immer so. In Handbuchartikeln zur Entstehungsgeschichte des Fussballs ist nachzulesen, dass Frauen an den frühesten Spielformen im Mittelalter beteiligt waren. Und noch im 18. Jahrhundert wurde der vormoderne Fussball zum Vergnügen auf kirchlichen Festen von Frauen und Männern gespielt. Dabei sind sowohl Spiele von gemischten Teams überliefert als auch Spiele, bei denen Frauen gegen Männer oder Frauenteams aus unterschiedlichen Dörfern gegeneinander antraten. Im Gegensatz zu heute war das Geschlecht noch kein trennendes Kriterium für die Mannschaftsbildung. 

Ein böser Schelm, der solche Fussballschuhe für Damen designt, zwar adrett und elegant anzusehen, aber für den grünen Rasen, der die Welt bedeutet, doch sehr ungeeignet.

Der moderne Fussball entwickelte sich zwischen 1750 und 1850 aus dem unregulierten Volksfussballspiel. Das Spiel wurde in England von Schulen aufgegriffen und dort durch die Festschreibung von Regeln formalisiert. Die Pädagogen sahen in ihm eine Möglichkeit, die Persönlichkeitsentwicklung von Schülern zu fördern und es auf der Basis von überregional verbindlichen Regeln auch mit der Wettkampfidee des modernen Sports zu verbinden. Frauen und Mädchen wurden zu dieser Zeit zwar noch in geringem Umfang beteiligt, Fussball war aber sowohl in England als auch später in Deutschland das Spiel, das in erster Linie für Jungen etabliert und ausgebaut wurde. Die geringe Beteiligung von Mädchen und Frauen wurde mit der Zeit immer weiter eingeschränkt, und ausgehend von der Geschlechterdifferenzierung wurden sie schliesslich sogar ganz vom Fussballspiel ausgeschlossen. 

Der Deutsche Fussball-Bund hat kein Interesse an den Fussballerinnen. Im Gegenteil, der Bundestag des DFB stellt am 30. Juli 1955 in Berlin fest: "Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand." Ab sofort ist Frauenfussball allen DFB-Mannschaften verboten. 

1955 verbietet der Deutsche Fussball-Bund also seinen Mitgliedsvereinen den Frauenfussball. In den Augen des Verbands gilt der Fussballsport als "unweiblich" und "nichtfraugemäss". Erst 1970 ändert sich die Einschätzung, am 31. Oktober wird das Verbot aufgehoben. 

Trotzdem wurde natürlich weiter Fussball gespielt!

So konnte man im Münchner Merkur, 1957 folgendes lesen:

"Das Spiel war ein voller Erfolg, für die Fussballerinnen und für die Zuschauer, die ebenso sachkundig wie freundlich gesonnen waren. /.../ Es war die netteste Seite des Spiels, dass es ein Spiel blieb, mit Eifer durchgeführt, ohne unästhetische Gewaltsamkeiten, ohne Rohheiten, ohne unfaire Kniffe und Püffe. Eigentlich war´s genau das, was man früher einmal "Sport" nannte. Dabei war dauernd etwas los, Angriff, Kampf und Gegenangriff./.../Es knallten haushohe Kopfbälle von Dauerwelle zu Dauerwelle, es wurde gestoppt und gedribbelt, zugespielt und kombiniert..."

Ist ja wieder mal typisch, dass sich die Männerwelt über die fussballspielenden Damen immer auch wieder lustig gemacht hat.

Bilder wie dieses bringen dies zum Ausdruck. Auf Bilder, die dann noch in tiefere Schubladensphären gehen, verzichte ich lieber. Ich bin jetzt 50 Jahre alt und Jahrgang 1963. Im gleichen Jahr 1963 konnte man folgendes lesen:

"Der männliche Sachverstand am Spielfeldrand, der glaubte, sich über die "zarten Evas" mokieren zu sollen, wurde bald nach Spielbeginn eines Besseren belehrt. Denn der Kampf begann nicht nur mit rasantem Tempo, sondern man sah auch feine Spielzüge mit eleganten Ballwechseln und athletischem Einsatz./.../ Die Torszenen beiderseits waren wie aus dem Lehrbuch, und das Publikum sparte nach anfänglicher Skepsis auch nicht mit lebhafter Anfeuerung und Applaus. /.../ Kurzum, es war eine Lektion des Damenfussballs, die manchen Misstrauischen vom Saulus zum Paulus bekehren mochte."
Badische Neueste Nachrichten, Karlsruhe, 16.9.1963 

Das Gegenteil ist der Fall. Da wird gefightet, Athletik pur, beherzter Kampf um den Ball, Sport in Reinkultur. Lassen wir also die Fakten und Bilder sprechen.

Die Ladykickers brauchen sich wahrlich nicht zu verstecken! 

Gross war die Freude, als der Aufstieg in die höchste Schweizer Fussballliga der Damen geschafft wurde. Die Damen des FC Neunkirch haben erreicht, was viele für unmöglich hielten: Mit bescheidenen Mitteln, aber mit umso mehr Teamgeist, Sportmotivation, gesundem Ehrgeiz, fleissigem Training und ehrenamtlichen Betreuern haben sie im Rekordtempo die verschiedenen Ligen durchschritten und sich so an die Spitze der Schweizerischen Frauenfussballliga gekämpft. Der Verein hat immer an sich geglaubt und auf seine eigenen, bescheidenen Ressourcen vertraut. Die Fussballerinnen und ihr Trainer Beat Stolz haben ihr grosses Ziel, an der schweizerischen Fussballspitze mitzuwirken nie aus den Augen verloren. Damit sind sie ein Vorbild für uns alle. Nie aufgeben, Teamspirit, David kann zum Goliath werden, eine Sache voll durchziehen, Hartnäckigkeit, unbeirrbarer Wille, eine positive Einstellung zur Sache und vor allem die Freude am Sport und an der gemeinsamen sportlichen Leistung bringen uns ans Ziel. 

Natürlich muss man sich auch um den Nachwuchs kümmern. Ich wünsche dem Frauenfussball möglichst viele begeisterte Fussballerinnen! So sucht bspw. der FC Zürich seinen Nachwuchs. Da werden die Zähne gebleckt und die Krallen gezeigt. Vielleicht gibt es unter den Damen des FC Neunkirch auch Talente, die dereinst um den WM Pokal der Damen spielen werden. Dazu muss man aber auch die Nationalhymne richtig singen können. Nun, auf diesem Bild ist zumindest klar zu sehen, dass dies die Frauen besser beherrschen, als gewisse Herren, die doch durchaus eine sehr hohe Funktion im internationalen Fussball wahrnehmen. 

Noch ein ganz kurzes Wort zum letztjährigen Preisträger. 2013 stand Skeetschütze Fabio Ramella auf dieser Bühne. Er hat die Saison sehr gut gestartet und Topresultate erzielt. Er hat mir einen ausführlichen Jahresbericht 2013 zugesendet, den ich hier dabei habe und in den Interessierte sehr gerne nachher noch reinschauen können. 

Panathlonpräsident Dr. Hans-Peter Lenherr hat es in seiner Begrüssung gesagt: Wir zeichnen heute mit der Damenmannschaft des FC Neunkirch einen sehr würdigen Gewinner aus. Für das, was die Mannschaft in den vergangenen Jahren geleistet hat, kann man nur höchste Bewunderung empfinden. Wir alle wissen, was es bedeutet, als kleiner Landverein in die höchste nationale Liga der Schweiz aufzusteigen und sich dort zu etablieren. Der Preis stellt deshalb nicht nur eine Auszeichnung für die Mannschaft und den Trainer selber dar sondern auch für die Vereinsleitung und für alle Freiwilligen am Spielfeldrand, vor und hinter den Kulissen. Stellvertretend hier auf dem Bild der Trainer Beat Stolz und die beiden Co-Präsidenten des Vereins, Dominik Hauser und Fabio Manfrin. Natürlich sind es die Spielerinnen selber, die dann die Tore schiessen müssen, um das Spiel zu gewinnen. Aber ohne die vielen guten Geister würde dies alles nicht klappen. 

Der Panathlonpreis 2013 geht an die Damen des FC Neunkirch, und darüber freue ich mich sehr! Der Panathlonclub Schaffhausen, der Schaffhauser Regierungsrat und die ganze Schaffhauser Öffentlichkeit sind stolz auf einen solchen Topverein aus ländlichem Gebiet, der bei seinen Spielen die Gemeinde Neunkirch, aber auch Schaffhausen als Region und als Sportkanton in die Schweiz hinaus trägt! 

Die Damen des FC Neunkirch - gefreute Botschafterinnen Schaffhausens und sehr verdiente Preisträgerinnen. Herzliche Gratulation, FC Neunkirch!