Aktuelles / Notizen

21.03.2014

Grusswort Regierungspräsident


IVS Generalversammlung

Grusswort zur IVS Generalversammlung 2014 von Regierungspräsident am Freitag, 17. März 2014 in der Rhyfallhalle Neuhausen am Rheinfall

Geschätzter Herr Präsident, lieber Giorgio
Liebe Gäste und Teilnehmende an der IVS Generalversammlung 2014

Die SwissHoldings Studie "Headquarter-Standort Schweiz im globalen Wettbewerb" zeigt unter einem ganzen Strauss von entscheidenden Faktoren zur Standortwahl folgende vier Toppunkte:
- Gut ausgebildete Fachkräfte
- Politische und gesellschaftliche Stabilität
- Rechtssicherheit und
- tiefe Unternehmenssteuern.

Sind diese vier Garanten für den schweizerischen Erfolg in Gefahr? Zumindest werden sie derzeit stark diskutiert.

Schaffhausen liegt mitten im Herzen des europäischen Marktes,
• weist mit 152 km und 1740 Grenzsteinen ein beachtliches Stück Landesgrenze auf,
• steht für traditionell gute Zusammenarbeit und Kontakte zu den Nachbarn in alle Himmelsrichtungen
• und ist u.a. Brücke der Schweiz zum grossen Bundesland Baden-Württemberg, das zusammen mit dem Freistaat Bayern der eigentliche Wirtschaftsmotor Deutschlands ist.

Sie wissen alle dass wir hier im Blauburgunderland in einer herrlichen Gegend leben mit einer sehr hohen Lebensqualität, für die wir auch dankbar sind und an der wir stetig und gemeinsam arbeiten. Es ist nichts selbstverständlich, die Welt rundherum bewegt und dreht sich, Wohlstand und Errungenschaften müssen weitergepflegt und weiterentwickelt werden.

Ich bin ja heute hier bei Ihnen zusammen mit meinem Kollegen, dem Vizepräsidenten der Schaffhauser Regierung, Ernst Landolt, der gleichzeitig auch dem Volkswirtschaftsdepartement vorsteht.

Natürlich bewegen uns derzeit in Schaffhausen in der Regierung auch täglich wichtige Themen wie:
• Grenzeinkaufstourismus
• der entbrannte Kampf um die Landessprachen in der Schule
• die künftige Energiepolitik in diesem Land und auch hier bei uns im Kanton Schaffhausen
• die Unternehmenssteuerreform III
• der anstehende Kampf um Kontingente nach der Abstimmung zur Masseneinwanderungsinitiative.
Und dann sind da ja noch Horizon 2020 und ERASMUS+, die EU Forschungsprogramme. Die Schweiz im Topf der Drittstaaten! Da haben wir beunruhigende Signale erhalten, die mich als Bildungspolitiker aufhorchen liessen.

Unsere Grenzlage beschäftigt uns natürlich ganz besonders. Der Einkaufstourismus wächst weiter. Trotz sinkender Preisdifferenz haben die Auslandeinkäufe 2013 um 500 Millionen Franken oder 7% zugenommen und ein Rekordniveau erreicht (GfK-Studie 2014). Insgesamt kauften Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten 2013 für rund 10 Mrd. Fr. im Ausland ein (inkl. ausländische Onlineeinkäufe). Das ist eine gewaltige Zahl! Dieses Gesamtvolumen entspricht rund 30'000 Arbeitsplätzen in dieser arbeitsplatzintensiven Branche. Die samstäglichen Aldi und Lidl Staus rund um Singen, Jestetten und Gailingen lassen grüssen.

Ja, Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten sind gut informiert und mobil. Dank dem Internet kennen sie die Preisdifferenzen. Gemäss dem kürzlich veröffentlichten „Pulsmesser" des Konsumentenforums kf liegen die überhöhten Importpreise bereits an vierter Stelle des Sorgenbarometers.

Ich warne aber davor, dass wir nur jammern. Und wenn wir es dennoch tun, dann findet dieses Jammern doch auf recht hohem Niveau statt. Positiv sind nämlich in jedem Fall die gute Entwicklung der Märkte generell und die tiefe Arbeitslosigkeit verglichen mit dem Ausland. Dabei gilt es aber auch angesichts der herbeizuführenden Energiewende die Winkelhalbierende zwischen Ökologie und Ökonomie zu finden. Unsere Schweizer Wirtschaft fusst auf einem starken Dreibein mit
- einer liberalen Arbeitsmarkt-Gesetzgebung
- einer gut funktionierenden Sozialpartnerschaft und dem
- dualen Berufsbildungssystem.

Ganz besonders freue ich mich über den Startschuss zum Bau des Labors go-tec hier ein paar Meter weiter südöstlicher. Wir konnten kürzlich zusammen eine würdige Kickoff Feier begehen. Es ist unabdingbar, dass wir konkrete Schritte einleiten, um die Technik gezielt in den Schulen und schon ab frühem Alter zu fördern. Ich habe ja vor rund einem Jahr schweizweit ziemlich in ein Wespennest gestochen mit der Forderung, zumindest einmal darüber nachzudenken, ob man gewisse Studienrichtungen kontingentieren resp. mit einem Numerus Clausus belegen sollten.
Die aktuellsten Studienzahlen:
Geistes- und Sozialwissenschaften: 44'000
Recht: 15'000
Wirtschaftswissenschaften: 21'000
Exakte Naturwissenschaften: 24'000
Medizin / Pharmazie: 14'000
Technische Wissenschaften 16'200
Vereinzelte: 4'100

Sie sehen und ich bleibe dabei: In Zeiten von Kostendruck und Sparbemühungen auch im Bereich der Bildung und aber durchaus auch in Anerkennung des Grundprinzips der Studienfreiheit muss uns die Verteilung der Studiengänge in unserem Land Bauchschmerzen bereiten.
1156 studieren derzeit Ethnologie / Volkskunde, 8631 studieren Psychologie aber
nur 727 studieren bspw. Mikrotechnik und 738 Materialwissenschaften.

Ich erachte es aber auch als essenziell, dass sich die Wirtschaft und das Gewerbe proaktiv und direkt bei der politischen Diskussion beteiligen. Es genügt heute längst nicht mehr, dass die Wirtschaft nur von der Politik fordert. Schalten auch Sie sich von der Wirtschaft in die politischen Diskussionen ein, die schlussendlich den Gang in diesem Land bestimmen. Stellen auch Sie aus der produzierenden Industrie aktiv Leute für die entscheidenden politischen Gremien, so wie der aktuelle Kantonsratspräsident Martin Kessler ein positives Beispiel dafür ist.

Ich bin überzeugt:

Wirtschaftsführer tragen eine gesellschaftliche Verantwortung.
Unser Wohlstand kommt von Unternehmen, die Gewinne erzielen, die investieren und die Arbeitsplätze schaffen und erhalten. Aber was für die Unternehmen gilt, gilt noch lange nicht für die Unternehmer, Manager und Aktionäre. Sie sind auch als Staatsbürger gefordert, Verantwortung gegenüber der Gesellschaft zu tragen.

Politisches Engagement liegt im Interesse der Wirtschaft.
Die Wirtschaft darf nicht abseits stehen, wenn es in unserem Land um wichtige Abstimmungsfragen geht, die schlussendlich auch die Rahmenbedingungen Ihres Wirkens entscheidend mitprägen. Ein stetes Engagement und das Verteidigen der wirtschaftlichen Interessen auf dem politischen Parkett sind auf die Dauer auch viel günstiger als teure Wahlkampagnen.

Und: Das Milizsystem ist ein wichtiger Erfolgsfaktor der Schweiz.
Besonders auf der nationalen Ebene ist eine Tendenz zur Professionalisierung in der Politik festzustellen. Unternehmer, die sich politisch engagieren, werden zunehmend zur Minderheit. In der Vergangenheit hat das Milizsystem zu einer weitgehenden Überschneidung zwischen Politik und Wirtschaft geführt. Es ist ein wichtiges Erfolgselement der Schweiz und war aus meiner Sicht durchaus mit ein entscheidendes Element unserer Demokratie. Leider hat sich die Wirtschaft von diesem «Mitmachen im Staat» zu sehr verabschiedet. Sie zahlt dafür nun einen hohen Preis – und die Bürger zahlen ihn mit ihr.

Ich wünsche Ihnen allen weiterhin viel Erfolg mit Ihren Unternehmungen und der IVS und ihrem Präsidenten Giorgio Behr, der auch ganz persönlich sehr viel Gutes für die Region und insbesondere auch für die Jugend tut, alles Gute und viel Befriedigung bei Ihrem Engagement. Danke für Ihren Einsatz für die Region Schaffhausen!