Aktuelles / Notizen

17.05.2014

Treffen mit Ministerpräsident Kretschmann


zu verschiedenen Grenzthemen

Quelle: Schaffhauser Nachrichten, Zeno Geisseler

Der Ministerpräsident Baden-Württembergs ist kein Freund eines Tiefenlagers für radio-aktive Abfälle in Schaffhausen oder im Weinland.

Stuttgart Die radioaktiven Abfälle der Schweiz könnten dereinst an Standorten ganz in der Nähe von Deutschland eingelagert werden, so unter anderem im Südranden im Kanton Schaffhausen oder im Zürcher Weinland. Das bereitet der Regierung des deutschen Nachbarbundeslandes Baden-Württemberg keine Freude: «Wir drängen darauf, unter vergleichbaren Standorten den grenzentferntesten auszuwählen», sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann gestern bei einem Treffen mit Vertretern Schweizer Kantone in Stuttgart. Weiter forderte Kretschmann mehr Mitsprache der betroffenen Regionen: «Wir setzen uns für die Ausweitung des Radius sogenannter Standortregionen ein, denen Beteiligungsrechte eingeräumt werden. Ich hoffe, dass die Schweizer Seite unsere deutschen Anliegen ernst nimmt.»

An dem Treffen in Stuttgart nahmen Vertreter der Kantone Zürich, Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Schaffhausen, St. Gallen und Thurgau teil. Für Schaffhausen war Regierungspräsident Christian Amsler angereist.

Hochrheinbahn weiter ausbauen

Zur Sprache kamen neben den radioaktiven Abfällen auch Verkehrsfragen. Die Elektrifizierung der Hochrheinstrecke solle weiter verfolgt werden, da die Zukunft des Schienenverkehrs im elektrischen Betrieb liege. «Doch auch hier liegt die Finanzierungsverantwortung in erster Linie beim Bund. Landeshaushalte sind nicht dafür ausgelegt, solche Infrastrukturprojekte in Millionenhöhe mitzufinanzieren», sagte Kretschmann. Derzeit prüft das Staatsministerium in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Bundesamt für Verkehr mehrere Wege zur Angebotsverbesserung. Auch die Gäubahn, die von Stuttgart über Schaffhausen nach Zürich führt, kam zur Sprache: «Bei der Gäubahn drängt Baden-Württemberg gegenüber dem Bund und der Deutschen Bahn auf eine ra- sche Umsetzung des Ausbaukonzepts», sag- te Ministerpräsident Kretschmann. «An dem im Vertrag von Lugano beschriebenen Ziel einer Reisezeitverkürzung auf zwei Stunden und 15 Minuten zwischen Stuttgart und Zürich soll festgehalten werden – hierfür ist jedoch die Realisierung aller vorgesehenen Ausbauvorhaben nötig.» Kretschmann sprach auch die Masseneinwanderungs-Initiative an: «Auch wenn das Ergebnis der Volksinitiative zur Begrenzung der Zuwanderung sicherlich nicht den Wünschen Baden-Württembergs entspricht, stellt es die weitere erfolgreiche Zusammenarbeit nicht in Frage», sagte er. «Wir setzen uns weiterhin für den Erhalt der Freizügigkeit und die Fortsetzung des bilateralen Wegs zwischen der Schweiz und der EU ein.» Denn das Ergebnis betreffe auch Deutsche direkt vor Ort in den Grenzregionen. (zge)

 

Der Schaffhauser Regierungspräsident Christian Amsler beim Eintrag ins Goldene Buch des Landes Baden-Württemberg

Medienmitteilung des Landes Baden-Württemberg:

Ministerpräsident Kretschmann empfängt Delegationen Schweizer Grenzkantone zu Arbeitsgespräch in Stuttgart

Ministerpräsident Kretschmann: Regelmäßiger Austausch mit der Schweiz von besonderer Bedeutung. Landesregierung setzt sich für Erhalt der Freizügigkeit ein

 „Für die Landesregierung ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit der Schweiz von besonderer Bedeutung, da die Regionen auf beiden Seiten der Grenze hiervon sehr profitieren. In Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung verbindet uns eine intensive Kooperation auf sehr hohem Niveau. Auch in den Bereichen Verkehr und Energie wollen wir die gemeinsamen Projekte weiter voran-bringen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann nach einem Gespräch mit hochrangigen Regierungsvertretern der Schweizer Grenzkantone Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Schaffhausen, St. Gallen, Thurgau und Zürich am Freitag (16. Mai 2014) in Stuttgart. „Ein regelmäßiger und konstruktiver Austausch zwischen Baden-Württemberg und der Schweiz ist mir deswegen besonders wichtig. Mit gemeinsamen Konferenzen zu den Themen Direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung sowie zu Fragen der Energiewende wollen wir für beide Seiten zentrale Themen weiter vertiefen. Die traditionsreichen grenzüberschreitenden Gremien Oberrheinkonferenz, Hochrheinkommission Internationale Bodenseekonferenz sowie die in Europa einzigartige Trinationale Metropolregion Oberrhein zeugen ebenfalls von einer fruchtbaren Verbindung“, so Kretschmann. 

 „Auch wenn das Ergebnis der Volksinitiative zur Begrenzung der Zuwanderung sicherlich nicht den Wünschen Baden-Württembergs entspricht, stellt es die weitere erfolgreiche Zusammenarbeit nicht in Frage. Wir setzen uns hierzulande je-doch weiterhin für den Erhalt der Freizügigkeit und die Fortsetzung des bilateralen Wegs zwischen der Schweiz und der EU ein. Schließlich betrifft das Ergebnis der Volksinitiative unsere Bürgerinnen und Bürger direkt vor Ort in den Grenzregionen“, so Ministerpräsident Kretschmann.

Im Rahmen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit teilt Baden-Württemberg grundsätzlich das Schweizer Anliegen, Mindestlohnbestimmungen durchzusetzen und damit Lohndumping zu verhindern. „Die derzeitigen so genannten flankierenden Maßnahmen treffen allerdings oft die Falschen, nämlich die kleineren Betriebe an der deutsch-schweizerischen Grenze. Die Kautionspflicht und die bürokratischen Hürden stellen deutsche Betriebe vor Probleme. Eine Verschärfung der Maßnahmen wäre aus unserer Sicht das falsche Signal“, so Kretschmann.

Ein wichtiger Aspekt der Gespräche waren auch verkehrspolitische Themen. „Baden-Württemberg ist an einer einvernehmlichen, aber nachhaltigen Lösung des Fluglärmstreits um den Flughafen Zürich interessiert. Die Ratifizierung des Fluglärm-Staatsvertrags in der vorliegenden Fassung können wir nicht unterstützen“, so Kretschmann. Derzeit würden Fachgespräche zwischen den Flugsicherungsorganisationen beider Länder laufen. Kretschmann: „Offene Fragen – etwa zur Luftraumbewirtschaftung, zu Flugrouten ab 2020 und zu An- und Abflughöhen – müssen geklärt werden. An einer baldigen Wiederaufnahme der politischen Gespräche sind wir natürlich interessiert.“

Für die Landesregierung habe der zügige Neu- und Ausbau der Rheintalbahn hohe Priorität, so Kretschmann. „Es ist eine gemeinsame Zielsetzung der Schweiz und Baden-Württembergs, einen möglichst großen Teil der wachsen-den Verkehrsströme auf die Schiene zu verlegen. Dass Deutschland mit der Umsetzung der Baumaßnahmen in Verzug ist, ist bekannt. Klar ist aber: Es steht ausschließlich der Bund in der Pflicht, den Ausbau der Rheintalbahn durch einen ausreichenden Mitteleinsatz voranzutreiben. Zwar hat sich das Land auf freiwilliger Basis an Mehrkosten im Bereich des Lärmschutzes beteiligt – dies muss jedoch eine Ausnahme bleiben“, so Kretschmann. 

Auch die Elektrifizierung der Hochrheinstrecke solle weiter verfolgt werden, da die Zukunft des Schienenverkehrs im elektrischen Betrieb läge. „Doch auch hier liegt die Finanzierungsverantwortung in erster Linie beim Bund. Landeshaushalte sind nicht dafür ausgelegt, solche Infrastrukturprojekte in Millionenhöhe mitzufinanzieren“, so Kretschmann. Derzeit prüft das Staatsministerium in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Bundesamt für Verkehr mehrere Wege zur Angebotsverbesserung. 

„Bei der Gäubahn drängt Baden-Württemberg gegenüber dem Bund und der Deutschen Bahn auf eine rasche Umsetzung des Ausbaukonzepts“, so Ministerpräsident Kretschmann. „An dem im Vertrag von Lugano beschriebenen Ziel einer Reisezeitverkürzung auf zwei Stunden und 15 Minuten zwischen Stuttgart und Zürich soll festgehalten werden – hierfür ist jedoch die Realisierung aller vorgesehenen Ausbauvorhaben nötig.“

Auch im Bereich der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien kooperieren Baden-Württemberg und die Schweizer Grenzkantone, etwa im trinationalen Energienetzwerk TRION. „Ziel von TRION ist es, durch Vernetzung, grenzüber-schreitenden Austausch und gemeinsame Datenerhebung sowie Projekte die Energievorbildregion Oberrhein zu fördern“, so Kretschmann.

Von den im Rahmen der Schweizer Atomendlagersuche in Betracht kommenden Tiefenlagern und Oberflächenanlagen befindet sich ein großer Teil in Grenznähe zu Baden-Württemberg. Kretschmann: „Wir drängen darauf, unter vergleichbaren Standorten den grenzentferntesten auszuwählen. Außerdem setzen wir uns für die Ausweitung des Radius sogenannter Standortregionen ein, denen Beteiligungsrechte eingeräumt werden. Ich hoffe, dass die Schweizer Seite unsere deutschen Anliegen ernst nimmt.“ 

„Auch bei Projekten zur Direkten Demokratie und zur Bürgerbeteiligung kooperieren wir sehr gut mit unseren Schweizer Nachbarn. Bereits 2012 und 2013 konnten wir hochkarätige Demokratiekonferenzen mit dem Kanton Aargau durchführen. Im kommenden Jahr ist eine neue Demokratiekonferenz geplant, die wir um weitere internationale Akteure erweitern wollen“, so Kretschmann. „Mit dem Kanton Aargau, dem österreichischen Bundesland Vorarlberg, den Vier Motoren für Europa und weiteren Regionen möchte die Landesregierung ein Europäisches Netzwerk von Regionen zu Bürgerbeteiligung und Direkter Demokratie aufbauen. Wir würden uns freuen, die Schweizer Grenzregionen in dieses Projekt miteinzubeziehen.“

Ministerpräsident Kretschmann würdigte auch die sehr intensive Hochschulzusammenarbeit zwischen Baden-Württemberg und den Schweizer Grenzkantonen: „Einzigartige Projekte wie der European Campus, mit dem der oberrheinische Universitätsverbund EUCOR zu einem trinationalen Forschungs- und Wissenschaftszentrum mit rund 11.000 Wissenschaftlern und mehr als 100.000 Studierenden ausgebaut werden soll, sowie die Wissenschaftsoffensive zur Förderung grenzüberschreitender Forschungsprojekte haben ein großes Potential. Zukunftsweisend ist auch die Idee der Ansiedlung einer europäischen Großforschungseinrichtung am Oberrhein.“ Am Bodensee verbindet die Internationale Bodensee-Hochschule (IBH) 30 Hochschulen in der Region. „Die IBH ist für die Wissenschafts- und Forschungslandschaft am Bodensee von großer Bedeutung. Sie fördert mit Mitteln der Internationalen Bodenseekonferenz (IBK) auch weiter-hin Projekte in den Bereichen Bildung, Forschung und Infrastruktur.“