Aktuelles / Notizen

23.10.2014

Eröffnungsrede RP Christian Amsler


Der andere Gubler

Jahresausstellung Kanton am MzA / "Der andere Gubler"
(Max Gubler, 26. Mai 1898 - 29. Juli 1973) 

Vernissage, 23. Oktober 2014, 18.15 Uhr im MzA / Münster 

Der andere Gubler. Schwarz steht auf der Einladungskarte "Der Gubler". Und mit weisser Farbe wurde mutig das Wort "andere" eingefügt. Und so wird daraus der Titel der Ausstellung "Der andere Gubler". Gibt es überhaupt den anderen Gubler? Gibt es auch den anderen Amsler? Oder den anderenHunziker? Der Titel wurde offensichtlich mit Bedacht gewählt, weil die Ausstellung das unbekannte Spätwerk Gublers zeigt. Eben den anderen Gubler. Der Titel kann und soll uns aber auch anregen über das Unbekannte, das Andere in uns nachzudenken. Jeder / Jede hier in der Kirche hat wohl auch noch eine andere Seite der bekannten eigenen Persönlichkeit. Vielen bleibt diese verborgen, oft auch einem selbst! 

Gemäss Leistungsvereinbarung mit dem Museum zu Allerheiligen (MzA) steht dem Kanton das Recht zu, einmal jährlich eine Sonderausstellung gleichsam als "seine" Ausstellung zu bezeichnen. Darum spreche ich heute auch zu Ihnen hier im Münster bei der Eröffnung der Ausstellung. 

Der Kanton ist bemüht, die verschiedenen am MzA vertretenen Sparten abwechslungsweise zu berücksichtigen. In den Leistungsvereinbarungen mit den verschiedenen Kulturträgern legt der Kanton grossen Wert auf den Vermittlungsaspekt. Das bedeutet, dass man nicht einfach eine Bühne aufstellt, ein Stück einstudiert und schaut, ob Zuschauer kommen. Dass man nicht einfach nur eine Ausstellung mit gefälligen Bildern organisiert und Daumen dreht, bis die Ausstellungsbesucher eintrudeln. In diesem Sinne freue ich mich auch auf die begleitenden Veranstaltungen des Museums zu Allerheiligen, die Besuchende und insbesondere auch Schulklassen sorgsam ins Spätwerk Gublers einführen. 

In diesem Jahr fiel unsere  Wahl - selbstverständlich in Absprache mit dem Museum zu Allerheiligen - also auf die Gublerausstellung. 

Zum einen soll damit die Bedeutung der Kunstabteilung am Museum zu Allerheiligen unterstrichen werden.

Zum anderen laden die aussagekräftigen Bilder förmlich zur Vermittlung an Schulen ein. Als Erziehungsdirektor liegt mir dieser Bereich natürlich ganz besonders am Herzen. Max Gubler schafft es mit sparsamen Pinselstrichen eine gewaltige Bildaussage zu erreichen. Für mich ein Parademaler für den Unterricht in Bildender Kunst mit Schülerinnen und Schülern. Es ist daher zu wünschen, dass gerade diese grandiose Kunstausstellung von möglichst vielen Lehrpersonen mit ihren Klassen besucht wird. 

Im neuen Lehrplan21 (und ich zitiere Ihnen exklusiv daraus) heisst es im Einführungstext zum Fachbereich Bildnerischen Gestalten:

Im Bildnerischen Gestalten und in der Begegnung mit Bildern aus Kunst und Alltag sensibilisieren sich Kinder und Jugendliche für unterschiedliche bildnerische Ausdrucksweisen. Sie bringen ihre Vorstellungen, Ideen und Absichten in Bildern zum Ausdruck. In der praktischen wie rezeptiven Auseinandersetzung mit visuellen Kommunikationsformen, Bildwirkungen und Bildfunktionen entwickeln Kinder und Jugendliche ihre Bildkompetenz. Sie ermöglicht ihnen, sich in einer zunehmend von Bildern geprägten Gesellschaft zu orientieren.

Kinder und Jugendliche entwickeln ein ästhetisches Urteilsvermögen und eine Werthaltung zu Kunst und Kultur. Bezüge zu Kultur und Geschichte zeigen ihnen auf, dass sich Kultur im Wechselspiel von Tradition und Innovation fortwährend neu erschafft. Bildnerisches Gestalten leistet durch Kontakte zu Kunstschaffenden und direkten Begegnungen mit Kunstwerken in Museen, Ateliers, Galerien und im öffentlichen Raum einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Bildung. 

Mich hat extrem das Kopfbild berührt, das die Ausstellungsmacher als Titelbild für den Ausstellungsflyer ausgewählt haben. Ein Kopf zwischen Tod und Leben. Zaudernd, ängstlich, fragend, suchend, distanziert und in der Form sogar nahe bei einem Totenschädel! Es ist kein Wunder, wenn man das späte Leben Max Gublers näher kennt. Er, der herausragende Exponent der Schweizer Malerei des letzten Jahrhunderts, erleidet 1957 – auf dem Höhepunkt seines Erfolges – einen seelischen und körperlichen Zusammenbruch und verbringt die letzten fünfzehn Jahre seines Lebens mehrheitlich in psychiatrischen Kliniken. Unter sehr schwierigen Umständen arbeitete der Künstler bis 1961 weiter. Da sind diese eindrücklichen Werke entstanden. 

Ja, und dann ist da auch noch die enge Verbindung des Malers zu Schaffhausen und zum Museum zu Allerheiligen: 

1955 erhielt Max Gubler den Auftrag, das Deckengemälde im neuen Stadttheater Schaffhausen zu schaffen. 

1962 führte das Museum zu Allerheiligen eine umfassende Retrospektive zum Werk von Max Gubler durch, die auf grosse Resonanz beim Publikum und in der Presse stiess und die auch in Deutschland, Holland und Luxemburg gezeigt wurde. 

1998 führte das Museum zu Allerheiligen eine weitere Retrospektive zum Werk von Max Gubler durch. 

2014 zeigt das Museum zu Allerheiligen das Spätwerk von Max Gubler. 

Ich möchte Ihnen ein kurzes Zitat aus der Künstlerdatenbank des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaft vorlesen: "Die Rezeption des Oeuvres von Max Gubler gestaltete sich ausserordentlich wechselvoll. Als charismatische Künstlerpersönlichkeit zeitlebens hochgeschätzt, gerät er nach seinem Tod weitgehend in Vergessenheit. Die von einem avangardistischen Kunstbegriff ausgehende Kritik zeigte sich angesichts der so anders gearteten Zielsetzung Gublers ratlos. Einer jüngeren Generation bleibt eine neue Einschätzung vorbehalten." 

Mit dieser Ausstellung leistet das Museum zu Allerheiligen einen Beitrag an diese Neueinschätzung durch eine jüngere Generation. Damit meine ich Sie, meine Damen und Herren! Sie dürfen sich also heute alle mal ganz besonders jung fühlen! 

Unser herzlicher Dank geht ans Museumsteam: An den ad interim Direktor Dr. Urs Weibel und vor allem an den Kurator der Ausstellung, Dr. Matthias Fischer, und die Mitarbeitenden des MzA für die Realisierung. Der Dank geht aber auch an alle Leihgeber und Sponsoren, die mit ihren Leihgaben und finanziellen Beiträgen die Ausstellung erst möglich gemacht haben. Der Ausstellung und ihrem Begleitprogramm wünsche ich viel Erfolg und den Besucherinnen und Besuchern der Ausstellung neue Blicke auf Max Gublers Spätwerk. 

Ich hoffe, dass die eindrücklichen Bilder Geschichte und Geschichten erzählen und aber auch Fragen auslösen. Kinder stellen gerne Fragen und erschliessen sich so die eigene Welt. In den Anfängen der Pädagogik war das eher verpönt. Fragen war lästig! Zum Glück hat die Erkenntnis gereift, dass es gerade die Fragen der Kinder sind, die echtes Lernen möglich machen. Darum wünsche ich uns allen, dass in dieser Ausstellung ganz viele Fragen zu hören sind. 

Und nun komme ich zum Schluss: Der Amsler geht jetzt wieder von der Bühne. Der andere Amsler? - den gibt es nicht! Und falls es ihn dennoch geben sollte, dann ist das nicht so wichtig. Kümmern Sie sich lieber um den anderen Gubler! Der gibt viel mehr her....