Aktuelles / Notizen

08.03.2015

Abstimmung in Nidwalden


Reaktion Christian Amsler

Entscheid zur Fremdspracheninitiative im Kanton Nidwalden - Reaktion RR Christian Amsler, Schaffhausen, Präsident der D-EDK

Wir haben kein Sprachenproblem, sondern eine Sprachevolution.

Das Abstimmungsresultat freut mich sehr! Ein starkes Zeichen aus der Innerschweiz.Das Stimmvolk des Kantons Nidwalden möchte die Chancengleichheit der Kinder mit weiterhin zwei Fremdsprachen ab Primarstufe gewährleisten. Damit bestätigt der Kanton Nidwalden die weitere Umsetzung derjenigen Lösung beim Sprachenunterricht, auf die sich die Kantone vor 10 Jahren geeinigt haben und die heute in 23 Kantonen umgesetzt wird.

Die sehr emotional geführte Fremdsprachendebatte ist eine Sache der gesamten EDK und nicht der D-EDK. Aber selbstverständlich tauschen auch wir uns in der D-EDK intensiv zu dieser wichtigen Frage aus. Sicher wird nun der Ausgang dieser Abstimmung eine stärkende Signalwirkung haben auf den weiteren Verlauf. Tatsache ist, dass mit dem plötzlichen Zurückdrehen des grossen Rades Unruhe ins Bildungssystem gebracht würde. Genau das, was wir eigentlich nicht wollen und immer wieder kritisiert wird. Und zwar unter anderem genau von den Gegnern von zwei Fremdsprachen auf der Primarstufe. Die Schule braucht Ruhe und keine Hektik, um gut arbeiten zu können.

Die EDK hat schon früh angezeigt, dass sie ihre Bilanz und ihre politische Beurteilung zur Harmonisierung der obligatorischen Schule im Sommer 2015 präsentieren wird. Dazu gehört gerade auch der Sprachenunterricht. Vor erst 10 Jahren haben sich die Kantone auf zwei Fremdsprachen geeinigt und dies weitgehend umgesetzt. Der Kanton Nidwalden bestätigt nun durch den Volksentscheid die Lösung, die heute in 23 Kantonen umgesetzt wird.

Der von den 21 Deutschschweizer Kantonen sprachregional entwickelte Lehrplan 21 geht von zwei Fremdsprachen (einer zweiten Landessprache und Englisch) ab der Primarstufe aus. Die Plenarversammlung der EDK hat im Oktober 2014 zudem in Basel ihr Sprachenkonzept klar bestätigt (siehe unten*) und die Kantone zur Unterstützung und weiteren Umsetzung eingeladen. In unserem kleinräumigen Land macht es Sinn, dass die Bundesverfassung (Art. 62, Abs. 4) die Kantone zur Harmonisierung wichtiger Eckwerte der obligatorischen Schule verpflichtet. Der Nidwalder Entscheid wird auch die Kantone in der Romandie sehr freuen, die mit Argusaugen den Umgang der Deutschschweiz mit dem Französischen beobachtet. Dies darf nicht unterschätzt werden in der Deutschschweiz!

Aktuell nimmt also die EDK eine Bilanzierung aller Eckwerte vor, die gemäss Bundesverfassung durch die Kantone zu harmonisieren sind. Auf Grundlage dieser Bilanz werden wir auch den Stand der Harmonisierung des Sprachenunterrichts beurteilen und gegebenenfalls die weitere Koordination des Sprachenunterrichts mit den zuständigen Bundesorganen abstimmen. Die obligatorische Schule und deren verfassungsmässige Harmonisierung sind eine Aufgabe der Kantone! 

Ich hoffe persönlich, dass der Bund und damit die Damen und Herren Nationalräte die gebotene Subsidiarität walten lassen und darauf verzichten, bundesrechtliche Vorkehren zu treffen, bevor die erstmalige Bilanz über die Harmonisierung vorliegt. Ich sehe keine Veranlassung für den Bund einzugreifen, - gerade auch nach dem Entscheid des Nidwalder Stimmvolks. Und auch trotz dem anstehenden Wahlkampf 2015 in dieser populären Frage zur Profilierung! Gerade für Romandie - Ratsmitglieder ist wohl die Verlockung sehr gross, hier mit einem populären Vorstoss punkten zu wollen….

Ich persönlich meine, dass die aufkeimenden Bemühungen nur noch eine Fremdsprache auf der Primarstufe lernen zu wollen (und dies eine Landessprache) in die falsche Richtung zielen. Das bringt unnötige Unruhe in den Betrieb. Mit diesem Entscheid würden wir auch das Englische, das den Jugendlichen nahe ist und das wohl eine klare Mehrheit der Schüler und Eltern und die Wirtschaft bereits in der Primarschule gelernt haben will, zurück auf die Oberstufe verbannen. Wir haben kein Sprachenproblem, sondern eine Sprachevolution. Und dem haben wir uns zu stellen! Sprachenpolitik von Erwachsenen auf dem Buckel der Jungen! Fragen wir doch einmal alle schulpflichtigen Jugendlichen in diesem Land, welche Sprache sie denn zuerst lernen möchten. Das Resultat wäre mE eindeutig und klar….die Weltsprache Englisch!

Darum bin ich auch ein klarer Anhänger des von der EDK eingeführten Modells 3/5 mit Nuancen in der Sprachenreihenfolge bspw. in den Passepartoutkantonen (Kantone an der Sprachgrenze z.B. Wallis, Freiburg, Bern), die aus Referenz an die zweite Kantonssprache mit dem Französisch beginnen.

Eines bin ich mir ganz sicher: Falls es zu einem ungewünschten, bundesrechtlichen Eingreifen kommen wird via Sprachengesetz (mit den entsprechenden Kommissionsinitiativen aus der WBK-N ist dies bereits angezeigt) wird es eine Landessprache auf der Primarstufe sein. À TOUT PRIX! Ob wir das dann wollen? Mit dem Erlernen des Englisch künstlich zu warten bis in die Oberstufe halte ich persönlich für völlig verfehlt. Ich freue mich heute aber ganz einfach über den Entscheid des Nidwalder Stimmvolkes.

* Stellungnahme der EDK vom 31. Oktober 2014 in Basel zum Sprachenunterricht

Angesichts der aktuellen Diskussionen rund um den Fremdsprachenunterricht in der obligatorischen Schule hat die EDK anlässlich ihrer Jahresversammlung eine Aussprache zu dieser Thematik geführt. Die EDK bestätigt ihre Sprachenstrategie von 2004. Sie bestätigt damit das Modell 3/5 (HarmoS 5/7), das vorsieht, dass eine zweite Landessprache und Englisch spätestens ab dem 3. (HarmoS 5) bzw. dem 5. Schuljahr (HarmoS 7) unterrichtet werden. Die Einstiegsfremdsprache wird regional koordiniert.

Weiter besteht ein Angebot an fakultativem Unterricht in einer dritten Landessprache. Dieses Sprachenkonzept befindet sich zurzeit in einer breiten und koordinierten Umsetzung. Die EDK weist nachdrücklich darauf hin, dass diesem Prozess weiterhin genügend Zeit eingeräumt werden muss, damit sich der – mit viel Aufwand und Investitionen – vorverlegte Sprachenunterricht in der Praxis bewähren kann, seine Wirkung evaluiert werden kann und falls nötig weitere Verbesserungen angebracht werden können.

Die EDK ist sich der Wichtigkeit der Unterstützung dieses Prozesses durch die Lehrerschaft bewusst. Sie wird sich für die Gelingensbedingungen einsetzen und zusammen mit den Berufsverbänden der Schulleitungen und der Lehrkräfte Empfehlungen für eine erfolgreiche Umsetzung des Sprachenkonzepts in den Schulen erarbeiten.

Das in den vergangenen Jahren auf Basis von Artikel 70 der Bundesverfassung (Sprachenartikel) geschaffene Instrumentarium gilt es weiterhin auch für die Unterstützung des schulischen Sprachenlernens optimal zu nutzen. Bund und Kantone arbeiten diesbezüglich zusammen und initiieren auch neue Massnahmen. Eine davon ist ein nationales Programm für den Lehreraustausch. Weiter ist der Schüleraustausch zu intensivieren. Die EDK hält fest, dass es in der laufenden Auseinandersetzung um mehr geht als bloss um eine pädagogisch-didaktische Unterrichtsfrage. Es geht auch darum, die Kultur der je anderen Sprachregionen im eigenen Land kennen und schätzen zu lernen und darum, welche Bedeutung Kenntnisse in den Landessprachen für das politische, wirtschaftliche und kulturelle Leben der Schweiz und damit für den Zusammenhalt unseres Landes haben.

Die Kantone sind per Verfassung dazu verpflichtet, auch den Sprachenunterricht zu harmonisieren. Mit dem Modell 3/5 (HarmoS 5/7) besteht eine im Sinne der Verfassung harmonisierte Lösung. Die EDK wird weiterhin auf eine Lösung in diesem Sinne zwischen den Kantonen hinwirken und lädt alle Kantonsregierungen und kantonalen Parlamente ein, hierzu ihren Beitrag zu leisten. Der Vorstand der EDK hat im September 2014 mit einem Schreiben an die Kantonsregierungen formell die Bilanzierung der Harmonisierung der obligatorischen Schule eröffnet. Diese Bilanz betrifft alle Eckwerte, die gemäss Artikel 62 Absatz 4 der Bundesverfassung von den Kantonen zu harmonisieren sind. Auf Grundlage dieser Bilanz wird die EDK im kommenden Jahr auch den Stand der Harmonisierung des Sprachenunterrichts beurteilen und gegebenenfalls die weitere Koordination des Sprachenunterrichts mit den zuständigen Bundesorganen abstimmen. Die Harmonisierung der obligatorischen Schule ist eine Aufgabe der Kantone. Die EDK erwartet darum, dass die Bundesorgane die in der Anwendung der Bildungsverfassung gebotene Subsidiarität sowohl in ihrer Vorgehensweise als auch inhaltlich sorgsam beachten werden.