Aktuelles / Notizen

12.03.2015

Steuerung im Tetiärbereich?


Christian Amsler zur Debatte rund um die freie Studienwahl versus Studienbeschränkungen

Landauf und landab muss an allen Ecken und Enden gespart werden. Ganz extrem ist die Volksschule betroffen, auch in meinem eigenen Kanton Schaffhausen. Der grosse Kostentreiber im Bildungswesen ist aber u.a. der Tertiärbereich. Da muss es erlaubt sein, dass wir in der Politik über solche Themen diskutieren. Es ist klar und berechtigt, dass wir in unserem Land auf die freie Studienwahl stolz sind und diese möglichst hoch halten. Trotzdem darf die Realität des Arbeitsmarktes nicht aus den Augen gelassen werden. Wir bemühen uns bspw. beim Bund und bei den Kantonen mit MINT Förderung dem Fachkräftemangel zu begegnen.

Die Realität zeigt aber derzeit folgendes Bild: Die aktuellsten Studienzahlen:
Geistes- und Sozialwissenschaften: 44'000
Recht: 15'000
Wirtschaftswissenschaften: 21'000
Exakte Naturwissenschaften: 24'000
Medizin / Pharmazie: 14'000
Technische Wissenschaften 16'200
Vereinzelte: 4'100

Von der höheren Maturitätsquote seit 1990 haben vor allem die Geisteswissenschaften profitiert. Ihre Absolventenzahl stieg überdurchschnittlich. Man soll aber Studiengänge nicht gegeneinander ausspielen, das liegt mir fern.

Ich bleibe dabei: In Zeiten von Kostendruck und Sparbemühungen auch im Bereich der Bildung und aber durchaus auch in Anerkennung des Grundprinzips der Studienfreiheit muss uns die Verteilung der Studiengänge in unserem Land mehr als Bauchschmerzen bereiten. Man muss den Mut haben, dies auch offen und öffentlich auszusprechen.  Neuere Zahlen zeigen: 1156 studieren derzeit Ethnologie / Volkskunde, 8631 studieren Psychologie aber nur 727 studieren bspw. Mikrotechnik und 738 Materialwissenschaften.

Schauen wir in unsere Nachbarländer und darüber hinaus: Es lässt sich nicht bestreiten, dass der Drang zur gymnasialen Matura in Italien, Frankreich und Spanien zu Problemen und einer erhöhten Jugendarbeitslosigkeit führt. In Spanien sind es 46.4%, in Griechenland 44.4% und bei einer generellen Arbeitslosigkeit von 20 bis 25 %, sind jeweils 13 bis 14% Personen mit tertiärer Ausbildung arbeitslos. Es fehlt in diesen Ländern eben an einem gut ausgebauten dualen Berufsbildungssystem, so wie wir es in der Schweiz erfolgreich kennen.

Mit meiner Anregung will ich eine ungemütliche, aber wichtige Diskussion in Gang bringen. Ich bin kein Politiker, der nur darauf schaut möglichst nichts Unpopuläres zu sagen. Ich will Dinge in Gang bringen und erachte es als meine Aufgabe, auch Unangenehmes aufzugreifen. Angesichts der angespannten Finanzlagen in den Kantonen kommen wir nicht darum herum, diese Diskussion zu führen. Verschiedene Studiengänge unterschiedlich zu bewerten liegt mir fern. Ich habe deutlich gesagt, dass ich im Grundsatz für die freie Studienwahl bin. Wir müssen uns aber auch generell fragen, was uns die Bildung wert ist und ob und wo man spart bei der Bildung. Das ist eine politische Grundsatzdiskussion, die geführt werden muss. Es kann nicht sein, dass wir bspw. bei der Volksschule Lektionen abbauen müssen und die Fachhochschulen und Universitäten nicht auch einen angemessenen Sparbeitrag leisten müssen. Da muss man ohne Scheuklappen über das Angebot der verschiedenen Studiendisziplinen sprechen können! Und sonst frage ich  ganz offen: Warum gibt es immer noch den Numerus Clausus beim Medizinstudium, wo uns doch an allen Ecken und Enden Hausärzte fehlen? Auch dies wäre eine Diskussion für sich...