Aktuelles / Notizen

20.04.2015

Der Lehrplan 21 fördert eine gute Volksschule


Artikel im Schweizer Soldat, Mai 2015

EINE PONITIERTE ANTWORT VON REGIERUNGSRAT UND OBERST CHRISTIAN AMSLER*

Ein wichtiger Meilenstein konnte Ende 2014 erreicht werden: Der von den 21 Kantonen der Deutschschweiz gemeinsam erarbeitete Lehrplan 21 wurde den Kantonen zur Einführung an den Schulen übergeben. In jedem Kanton wird nun die zuständige Instanz in eigener Hoheit über die Einführung entscheiden. Die 21 Deutschschweizer Kantone lösen mit dem Lehrplan 21 die verfassungsmässige Verpflichtung ein, die Ziele der Stufen der Volksschule in unserem Land zu harmonisieren. Sie setzen damit ein eindrückliches und sinnvolles Zeichen der interkantonalen Kooperation. Mit dem gemeinsamen Lehrplan werden Mobilitätshindernisse für Familien mit schulpflichtigen Kindern und Lehrpersonen weiter abgebaut. Dies ist im Interesse der Wirtschaft, des Gewerbes und auch der Armee. Die Zusammenlegung der Kräfte optimiert den Einsatz der finanziellen Mittel im Bereich der ohnehin anstehenden Anpassung der Lehrpläne in den Kantonen. Sie bündelt zudem das fachdidaktische Know-how und ermöglicht die Partizipation der Lehrpersonen in der Deutschschweiz. Der neue Lehrplan ist ein praxisnahes, gebrauchsfertiges Produkt. Gerade auch für Wirtschaft und Gewerbe ist der Lehrplan ein wichtiges Kernstück einer zukunftstauglichen Volksschule, die mit einer besonderen Fokussierung auf die "Berufliche Orientierung" (als eigener Modullehrplan) die Jugendlichen gut auf die Berufswelt vorbereitet. Diese Module umfassen zeitlich und inhaltlich begrenzte Aufgaben der Schule, für die die Kantone Zeitgefässe bereitstellen und für die geregelt wird, welche Lehrperson für die Umsetzung verantwortlich ist.

Breite Diskussion hat stattgefunden

Alle sind Schulexperten, alle wollen in Schulfragen mitdiskutieren! So hat dies auch Henriette Hanke Güttinger in einer der letzten Ausgaben des SCHWEIZER SOLDATEN getan und hinter dem Lehrplan 21 gleich eine veritable Weltverschwörung und Bedrohung für die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes geortet. Ihr Text hat aber nur so gestrotzt vor Halbwahrheiten und höchst verwunderlichen Aussagen. Die D-EDK reagiert darum hiermit auf diesen Text, wobei wir der Autorin selbstverständlich ihre persönliche Meinung lassen wollen. Wir verzichten darauf, auf jede unhaltbare Aussage einzugehen und stellen nur den wichtigsten Punkt, die angebliche Streichung des Fachs Geschichte und der fehlenden staatsbürgerlichen Kenntnisse, richtig (siehe Kasten).

Eines ist klar: Die Entwicklung eines Lehrplans als Auftrag der Gesellschaft an die öffentliche Volksschule ist ein höchst komplexer Prozess, an dem Fachpersonen, Verwaltung und Politik beteiligt sind. Der Lehrplan ist ein Produkt, das fachlichen Ansprüchen genügen und politische Akzeptanz finden muss. Auch bei Armeekreisen! Der dafür nötige Konsensfindungsprozess wurde in den vergangenen Jahren unter Einbezug der 21 beteiligten Kantone, den Verbänden der Schulpartner (Lehrerschaft, Schulleitungen, Eltern und Schülerorganisationen, Wirtschaft und Gewerbe) sowie Vertretern der an die Volksschule anschliessenden Bildungsstufen (Berufliche Grundbildung und weiterführende Schulen) intensiv geführt. Im Juni 2013 wurde der Lehrplan 21 veröffentlicht und es fand eine breite öffentliche Diskussion zum Lehrplan 21 statt. Die Kantone, Verbände und Organisationen haben in der Konsultation mit insgesamt über 1000 Rückmeldungen umfassend ihre Anliegen einbringen können:

Das Kernanliegen, durch einen gemeinsamen Lehrplan den Auftrag der Bundesverfassung zur Harmonisierung der Ziele der Volksschule umzusetzen, fand breiteste Zustimmung und wurde nur in einzelnen Stellungnahmen in Frage gestellt. Auch das Konzept, Kompetenzen zu beschreiben mit dem Ziel, dass Schülerinnen und Schüler in Zukunft über das nötige Wissen verfügen und dieses auch in konkreten Handlungssituationen anwenden können, wurde breit unterstützt. Hingegen vermochte die konkrete Umsetzung dieses Konzepts im Detail aus Sicht verschiedener Konsultationsteilnehmer nicht voll zu befriedigen. In vielen Stellungnahmen wurde angemerkt, der Lehrplan sei überfüllt, stellenweise zu detailliert formuliert und die Anforderungen seien zum Teil zu anspruchsvoll. Dies hat die D-EDK sehr ernst genommen.

Überarbeitung des Lehrplans 21

So haben wir darauf reagiert! Auf Basis dieser Rückmeldungen wurde im letzten Jahr der Lehrplan 21 von den Fachgremien gründlich überarbeitet. Dabei wurde er insbesondere um rund 20% gekürzt und in ausgewählten Bereichen wurde das Niveau der Anforderungen gesenkt. Auch haben wir Lehrplanaussagen zu Haltungen und Einstellungen noch stärker darauf ausgerichtet, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, sich ein eigenes Urteil zu bilden. Genau, was auch in der Armee gefragt ist. Leute, die mitdenken und immer einen Schritt voraus sind mit dem berühmten Blick in die nächste Geländekammer. So konnte Ende 2014 der Lehrplan 21 von den Deutschschweizer Erziehungsdirektorinnen und -direktoren freigegeben werden. Nach der Ausarbeitung folgt nun eine sorgfältige Einführung des Lehrplans 21 in den Kantonen. Diese entscheiden, auf welchen Zeitpunkt, mit welchen begleitenden Massnahmen und welchen kantonalen Ergänzungen sie den Lehrplan 21 einführen werden. Damit kann auf laufende kantonale Entwicklungen und unterschiedliche Bedürfnisse und Rahmenbedingungen vor Ort Rücksicht genommen werden.

Wenn nun auch rückwärtsgerichtete, konservative Kreise im Sinne eines Sammelbeckens von diversen Partikularinteressen (Sexualpädagogik, Gender, Lehrerrolle, Basisdemokratie etc.) sozusagen auf der Zieleinlaufstrecke mit zum Teil abenteuerlichen Argumenten den Lehrplan 21 zu Fall bringen wollen, wird die D-EDK unbeirrt ihren Weg gehen, gemeinsamen Führungswillen zeigen und den Lehrplan für die 21 Deutschschweizer Kantone ins Ziel führen. Eine sinnvolle Sache - auch für die Armee und die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes Schweiz, auf das wir alle stolz sind.

Wo ist das Fach Geschichte?

„Der LP21 will das Fach Geschichte als eigenständiges Schulfach streichen. (...) Damit entfällt die Verpflichtung der Lehrer, ihren Schüler die Geschichte der Schweiz systematisch und detailliert näherzubringen" (H. Hanke Güttinger im Schweizer Soldat, Ausgabe 03 / März 2015)

Im Inhaltsverzeichnis der meisten Volksschul-Lehrpläne der Schweiz sucht man heute das Fach „Geschichte" vergebens. Geschichte ist traditionellerweise Teil des Fachs, das als Realien (ZH), Räume und Zeiten (St. Gallen), oder Natur, Mensch, Mitwelt (BE) bezeichnet wird. Nur ein Teil der Kantone hat auf der Sekundarstufe I ein eigenes Fach „Geschichte". Trotzdem findet man in allen Lehrplänen die geschichtlichen Inhalte, die die Volksschule vermittelt. Auch im Lehrplan 21 sind die geschichtlichen Inhalt klar ausgewiesen. Sie sind auf der Primarstufe im Fachbereich „Natur, Mensch, Gesellschaft" unter den Titeln „Zeit, Dauer und Wandel verstehen - Geschichte und Geschichten unterscheiden" (NMG.9) sowie teilweise auch „Gemeinschaft und Gesellschaft - Zusammenleben gestalten und sich engagieren" (NMG.10)zu finden. Für die Sekundarstufe I findet man die Geschichte als Teil des Fachbereichs „Räume, Zeiten Gesellschaften". Die Schweizer Geschichte steht unter dem Titel „Die Schweiz in Tradition und Wandel verstehen" (RZG 5). Dabei gehört namentlich auch die Schweiz während der Weltkriege und des kalten Kriegs zum Pflichtstoff (RZG.5.1.c). Die Weltgeschichte findet man unter RZG.6 und die Geschichtskultur unter RZG.7. Die Schweizer Demokratie ist Teil der politischen Bildung und Gegenstand von RZG.8. Dort sind das politische System, die Volksrechte und die Institutionen der Schweiz thematisiert ebenso werden die Menschenrechte und die Position der Schweiz in Europa und der Welt behandelt.

* Regierungsrat Christian Amsler (FDP), ist als Vorsteher des Erziehungsdepartements des Kantons Schaffhausen zuständig für die Bereiche Bildung, Jugend, Familie, Sport und Kultur. Der 51jährige Politiker ist mit einer Lehrerin verheiratet, Vater von 3 Kindern und präsidiert die Erziehungsdirektoren Konferenz der Deutschschweiz (D-EDK). Damit ist er auch Schirmherr des Lehrplans 21. Vor seiner Wahl in den Schaffhauser Regierungsrat im Jahr 2009 war der ausgebildete Pädagoge Gemeindepräsident, Fraktionschef im Kantonsrat und hauptberuflich tätig als Prorektor der Pädagogischen Hochschule Schaffhausen (PHSH).

Oberst Christian Amsler war bis Ende 2014 im Stab der Inf Br 7 beim Projekt Sicherheitsverbundsübung 2014 (SVU 14) tätig, er moderierte die Schlussübung "Politische Plattform" in Bern, vorher Chef Kantonaler Territorial Verbindungsstab Schaffhausen Ter Reg 4 (C KTVS SH), vier Jahre Bataillonskommandant des Schaffhauser Füs Bat 264 (Territorial Infanterie), vorher Hauptmann der Infanterie, Kommandant Stv Füs Bat 61 und Kompaniekommandant im Schaffhauser Füsilier Bataillon 61
Zudem war er 6 Jahre Präsident der Kantonalen Offiziersgesellschaft Schaffhausen und 5 Jahre Mitglied im Zentralvorstand der Schweizerischen Offiziersgesellschaft (SOG.

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