Aktuelles / Notizen

05.10.2015

Interview NZZ am Sonntag


mit D-EDK Präsident RR Christian Amsler

von Katharina Bracher, NZZaS / Quelle: Ausgabe 27.9.2015 / ungekürzte Version:

Der Dachverband der Lehrer geht von mindestens 184 Millionen Franken aus, die in den letzten drei Jahren in der Bildung gespart wurden. Hinzu kommen 160 Millionen bis 2018. Stimmt die Zahl etwa?

Ja, das klingt realistisch.

Der Lehrerverband spricht von Bildungsabbau. Die Kantone von "Ressourcenbündelung". Was ist korrekt?

Bis zu einem gewissen Grad handelt es sicher um einen Abbau. Die Zahlen bewegen sich in einer ganz neuen Dimension. Vor Jahren noch wurde die Bildung nur im äussersten Notfall angetastet. Das schmerzt auch mein Pädagogenherz.

Was ist heute anders?

Die Kosten in anderen Bereichen, denken Sie nur an das Sozial- und Gesundheitswesen, steigen unaufhaltsam. Der Not gehorchend, muss es überall einen Abbau geben.

Die Lehrer, aber auch Schulleiter meinen, es sei bereits viel gespart worden. Noch mehr sei nicht verkraftbar.

Seien wir ehrlich. Das Bildungswesen wurde in den letzten Jahren in allen Kantonen auch stark ausgebaut. Jetzt müssen wir Liebgewonnenes loslassen. Ich denke hier bspw. an Brückenangebote vor der Berufswahl. Man kann den Schülern ruhig zutrauen, verstärkt selbstverantwortlich ihre Zukunft zu planen.

Die bereits umgesetzten Sparmassnahmen im Bildungsbereich funktionieren oft über Klassenvergrösserungen und Lektionenkürzung. Wie wirkt sich das auf die Qualität des Unterrichts aus?

Das ist tatsächlich der Hebel schlechthin, wenn man Millionenbeträge sparen muss.  Grössere Klassen heisst auch, das man Lehrpersonal sparen kann. Es hat unzählige Landgemeinden, die in ganz kleinen Klassen unterrichten. Da braucht es unbedingt vermehrt interkommunale Kooperation. Gelingt das, braucht es keine Lektionenkürzungen, welche die Qualität des Unterrichts massgeblich beeinträchtigen.

Doch wo ist die Grenze? Wie gross darf eine Klasse sein, damit die Unterrichtsqualität nicht leidet?

Die optimale Grösse liegt irgendwo gefühlt bei 20 Kindern. Das ist wohl auch aus wirtschaftlicher Sicht das Optimum. Wichtig ist aber, dass nicht nur die Volksschule Zugeständnisse machen muss.

Werden die Hochschulen von der Sparpolitik verschont?

Jedenfalls könnte dort noch mehr eingespart werden. Es wäre ein Fehler, einseitig bei der Volksschule zu sparen. Der Tertiärbereich ist in den letzten Jahrzehnten stärker gewachsen, als die Volksschule. Man hat enorme Summen investiert, um international wettbewerbsfähig zu sein. Wenn man schon bei den Volksschulen ansetzt, dann muss man auch an den Hochschulen sparen.

Und wo sollen die Hochschulen sparen?

Das müssen deren Leitungen sagen. Aber es gibt gerade in der Lehre Potenzial, etwa indem man die Studierendenzahlen besser steuert und massvoll Gebühren erhöht.

Insgesamt finden sie aber, dass die Einsparungen im Bildungswesen vertretbar sind?

In Massen, ja. Mit Blick auf die globalen Ereignisse würde ich sagen: Wir haben Glück. Und wir jammern auf hohem Niveau. Wir haben immer noch ein optimal ausgebautes Bildungssystem.