Aktuelles / Notizen

02.01.2018

Interview Regierungspräsident 2018


Schaffhauser Nachrichten 3.1.2018

VON MARK LIEBENBERG, Schaffhauser Nachrichten 

PDF des SN Interviews Download 1. Frontseite mit Anreissartikel, Bild und "Gsaat isch Gsaat" 2. Interview Frontseite Regional

"Ich scheue den Gegenwind nicht - Reibung erzeugt Energie"

bild sn 2018 rrp interview 1

Vorsichtig optimistisch blickt der neue Regierungspräsident Christian Amsler auf das neue Jahr. Im Kanton Schaffhausen könne man nach schwierigen Jahren des Sparens endlich wieder mehr gestalten. Als zentrales Vorhaben bezeichnet Amsler die Steuervorlage. «Wenn Firmen wegen zu wenig attraktiver Steuersätze den Kanton verlassen, haben wir schnell wieder ein Problem», sagt er. Was Amsler sich für sein Präsidialjahr vorgenommen hat, wie es im Streit mit der Lehrerschaft weitergeht und ob er weiterhin Bundesratsambitionen hegt, erzählt er im Interview. Bild Selwyn Hoffmann, Schaffhauser Nachrichten

Christian Amsler, welche speziellen Vorsätze für Ihr Amtsjahr 2018 haben Sie gefasst?

Christian Amsler: Für mein zweites Präsidialjahr habe ich mir einiges vorgenommen. Beim letzten Mal, 2014, habe ich ja den Kanton joggend mit meinem Hund umrundet und habe 52 persönliche Briefe an Bürger geschrieben. Jetzt habe ich wieder ähnliches im Sinn, möchte aber noch nichts Näheres verraten. Es hat jedoch mit Begegnungen zu tun. 

Ihre Wahl zum Regierungspräsidenten war getrübt von vielen leer eingelegten Stimmen im Kantonsrat. Starten Sie mit Blessuren in Ihr Präsidialjahr?

Amsler: Überhaupt nicht, das ist für mich tempi passati. Natürlich schmerzt es im Moment, es ist auch etwas unüblich. Ich schätze es eigentlich mehr, wenn man mir direkt ins Gesicht sagt, wenn man mit mir nicht einverstanden ist, als bei einer anonymen Wahl Denkzettel zu verpassen. Man darf so etwas aber nicht persönlich nehmen.   

Sie seien «nicht bereit, dieses Verhalten permanent hinzunehmen», haben Sie vor dem Parlament geschimpft.  

Amsler: Das Votum war nötig und es hat mir gutgetan und damit ist das Thema für mich jetzt erledigt. 

Mit dem EKS-Aktiendeal vor Weihnachten hat der Regierungsrat dann das Parlament ziemlich vor den Kopf gestossen. Sehen Sie das Verhältnis zwischen Regierung und Parlament in Schieflage?

Amsler: Die Sache ist offenbar noch nicht gegessen, aber ein wenig wird jetzt auch überreagiert. Ich möchte einfach dazu auffordern, dass wir hier die Trennschärfe wahren: Die drei Gewalten – Regierung, Parlament und Justiz – haben je eigene Aufgaben. Der Kauf und Verkauf von EKS-Beteiligungen fällt ganz klar in die Kompetenz der Regierung. Die Regierung hat im besten Interesse des Kantons gehandelt.   

Was will der Regierungsrat denn jetzt tun, um wieder mehr Vertrauen zu schaffen?

Amsler: Ich blicke in punkto Zusammenarbeit mit dem Parlament im neuen Jahr optimistisch in die Zukunft. Wir haben schwierige Jahre hinter uns, auch mit den hart umkämpften Entlastungsprogrammen. Jetzt können wir wieder mehr gestalten und vorwärtsschauen – zum Beispiel mit den anstehenden Investitionsvorhaben. Auf der anderen Seite wäre es ja langweilig, wenn alles durchgewunken würde, das Parlament soll sich an der Regierung reiben, und umgekehrt. Das gehört dazu. Reibung erzeugt Energie! 

Wie sehen Sie ihre Rolle als dienstältester Regierungsrat und als Regierungspräsident fürs 2018?

Amsler: Wie Sie wissen bin ich nur Primus inter Pares. Aber ich finde es lässig, die Sitzungen leiten zu können und die Regierung und den Kanton Schaffhausen gegen Aussen vertreten zu dürfen. Dann ist es ja so, dass zwei Regierungsräte erst seit einem Jahr im Amt sind und eine neue Amtskollegin im April neu anfängt. Ich sehe meine Aufgabe darin, mit einer positiven Einstellung Ruhe in die Sache bringen. 

Wo setzen Sie für sich selber die Schwerpunkte?

Amsler: Zunächst ergibt sich ja die noch nie dagewesene Konstellation, dass ich gleichzeitig Regierungspräsident, Präsident der Internationalen Bodenseekonferenz IBK und auch noch Präsident der Hochrheinkommission bin. Das heisst, ich «herrsche» gewissermassen von Basel bis nach Vaduz! (lacht) Spass beiseite, als Rheinbub ist es mir natürlich Freude und Ehre, diese Ämter wahrzunehmen und unsere Interessen und Anliegen einzubringen. Aber auch im Kanton gibt es 2018 einige Hausaufgaben zu erledigen. Über allem steht die positive Entwicklung der Lebensqualität und des Standortes Schaffhausen, etwa durch die Schaffung von Tagesstrukturen. Weiter werden uns grosse Infrastrukturprojekte beschäftigen, wie das Polizei - und Sicherheitszentrum, das Kantonsspital, das Tiefbau- und das Bevölkerungsschutzzentrum. Es wird ein spannendes Jahr!

Wo sehen Sie die grösste Herausforderung im nächsten Jahr?  

Amsler: Das wird ganz klar die Steuervorlage SV17 sein. Die finanziell schwierigen Jahre liegen hinter uns und ich hoffe nicht, dass wir in den kommenden Jahren wieder in eine Schieflage hineingeraten. Die Bedingung dafür ist jedoch, dass wir die Unternehmen am Standort Schaffhausen halten können. Man kann die Augen davor verschliessen, aber wenn Firmen wegen zu wenig attraktiven Rahmenbedingungen, etwa auch den Gewinnsteuern, Schaffhausen verlassen, dann haben wir schnell wieder ein Problem. 

Im letzten Jahr hatten es einige Vorlagen aus Ihrem Erziehungsdepartement schwierig. Bei der Ressourcensteuerung muss die Regierung über die Bücher, das Volk wies den Regierungsrat bei der Lektionenkürzung in die Schranken, die Sache mit den Räbeliechtli, das ED darf nicht auf den Geissberg ziehen. Woran liegt dies Ihrer Absicht nach?

Amsler: Es wird mit härteren Bandagen gekämpft als früher, gerade auch in der Bildungspolitik. Aber ich bin guten Mutes, dass wir beim Thema Entlastungsstunde für die Klassenlehrer auf der Zielgeraden sind. Dieser Konflikt belastet das Bildungsklima und das Verhältnis mit der Lehrerschaft. Und dass bei den zu kleinen Klassengrössen Handlungsbedarf besteht, ist auch im Kantonsrat unbestritten. Wir sind daran, eine gut austarierte Lösung mit den Parteien und den Gemeinden zu erarbeiten. 

Nach der Wahl von Cornelia Stamm Hurter hat der Regierungsrat die Departementsverteilung neu diskutiert. Hat es Sie nicht gereizt, nach sieben Jahren eine Herausforderung in einem anderen Departement anzunehmen?

Amsler: Nein, und dieser Entscheid ist mir absolut leicht gefallen. Bildung ist meine Passion, da fühle ich mich zuhause. Bildung ist ein Schlüsselfaktor unserer Gesellschaft und in unserem Kanton, und ich trage hier gern Verantwortung. Es wäre mir wohl auch als eine Flucht ausgelegt worden, wenn ich gewechselt hätte. Klar, bei der Volksschule gibt es viel Gegenwind. Ich scheue ihn jedoch nicht, ich stelle mich ihm gerne. Und ausserdem habe ich in meinem Departement zusätzlich die Aufgabengebiete Sport, Kultur und Aussenbeziehungen, die ich keinesfalls missen möchte.   

Regierungsrat Amsler – der ewige Bundesratsanwärter aus Schaffhausen. Für Sie noch ein Thema?

Amsler: (lacht) Das bringe ich wohl nie mehr weg! Nun, unser Kanton hatte noch nie einen Bundesrat. Ich bleibe natürlich grundsätzlich offen. Aber ich freue mich sehr, noch diesen Monat meine geschätzte ehemalige St. Galler Amtskollegin und neue Ständeratspräsidentin Karin Keller Sutter beim FDP Neujahresanlass als Gast begrüssen zu dürfen. Ihr gehört meine volle Unterstützung, sollte es in absehbarer Zeit zu einer Vakanz Schneider Ammann kommen. 

Worauf freuen Sie sich besonders in ihrem Präsidialjahr?

Amsler: Es gibt so viele schöne Anlässe, der Kantonalmusiktag, das Internationale Bachfest, das Schaffhauser Jazzfestival, Gemeindejubiläen. Als Gast werden wir die Berner Kantonsregierung bei uns haben, und zudem werde ich zwei Auslandreisen machen, nach Brüssel zur EU und nach Madrid an „unsere“ Schweizerschule. 

Herr Amsler, vielen Dank für das Gespräch. 

bild sn 2018 rrp interview 2

«Das Parlament soll sich an der Regierung reiben und umgekehrt. Das gehört dazu.» Der Schaffhauser Erziehungsdirektor Christian Amsler amtet 2018 als Regierungspräsident und geht mit einer positiven Einstellung ins neue Jahr. Bild Selwyn Hoffmann, Schaffhauser Nachrichten