Aktuelles / Notizen

24.04.2019

Lehrermangel


Interview Schaffhauser Bock und az

Lehrermangel in Schaffhausen? Zwei Interviews zum Thema mit dem Schaffhauser Bock und der Schaffhauser az

az interview lehrermangel amsler 2019

Erziehungsdirektor Christian Amsler. Foto: Peter Pfister

Interview Jimmy Sauter, Redaktor SN

Erziehungsdirektor Christian Amsler kündigt eine Vorlage für geleitete Schulen an und nimmt zu den Vorwürfen aus der Stadt Stellung.

Christian Amsler, der Lehrerverein spricht von einem Notstand. Sie sind der oberste Chef der Lehrpersonen. Würden Sie sagen, Sie haben alles versucht, was möglich war, oder gibt es Punkte, wo Sie selbstkritisch sagen, hier hätte ich die Lage verbessern können?
Es ist natürlich so: Der Erziehungsdirektor kann auch nicht einfach Lehrerinnen und Lehrer herbeizaubern. Und es hatte immer Phasen, in denen es zu viele oder zu wenige Lehrpersonen gab. 2010, als ich frisch ins Amt kam, hatten wir ebenfalls eine Phase des Lehrermangels. Das ist also nichts Neues. Aber es ist auch in der gesamten Schweiz eine demographische Realität, dass in den nächsten Jahren viele Lehrpersonen in Pension gehen werden. Gleichzeitig wird die Anzahl Schülerinnen und Schüler zunehmen. Wir werden also künftig sicher vermehrt mit einem Mangel an Lehrpersonen konfrontiert sein. Einfach dem Erziehungsdirektor die Schuld zuzuschieben, halte ich allerdings für verkehrt. Es ist ein Puzzle aus vielen Teilen.

Das wichtigste Puzzlestück ist der Lohn.
Ich verstehe, dass der Lehrerinnen- und Lehrerverein das Thema Lohn wieder aufs Tapet bringt. Ich bin der Erste, der sagt, man müsse Lehrerinnen und Lehrer anständig entlöhnen. Aber die Sache ist komplexer, als viele meinen. Man kann nicht einfach so machen (Christian Amsler schnippst mit den Fingern) und die Löhne steigen.

Aber die Lehrpersonen klagen ja schon seit vielen Jahren über ihren Lohn. Konnte man diese Situation nicht voraussehen?
Wir kommen aus einer Zeit, in der wir Entlastungspakete schnüren mussten. Das war für alle anstrengend, für die Regierung, für den Kantonsrat, für die Angestellten des Kantons und für alle übrigen Betroffenen. Ja, wir haben ein Problem im Lohnsystem, das jetzt unbedingt angegangen werden muss. Das gilt aber für alle Kantonsangestellten. Die Regierung weist seit Jahren darauf hin. Aber um das zu ändern, muss auch der Kantonsrat mitarbeiten.

2017 hat der Kantonsrat eine Vorlage zur Erhöhung der Löhne aller Staatsangestellten abgelehnt. Auch Mitglieder Ihrer Partei, der FDP, haben dagegen gestimmt. Wie konnte das geschehen?
Es gibt viele Parteien im Kantonsrat. Die Problematik dieser Vorlage war, dass die Löhne jedes Jahr automatisch mindestens ein Prozent steigen sollten. Dafür hatten die bürgerlichen Parteien kein Gehör. Aber jetzt müssen wir unbedingt mehrere Prozent genehmigen. Die Regierung schlägt nun drei Prozent vor.

Drei Prozent wären laut dem Lehrerinnen- und Lehrerverein nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Die Löhne müssten um 25 Prozent erhöht werden, um auf das Niveau von Zürich zu kommen.
Auf dieses Niveau werden wir nie kommen, das ist uns allen klar. Aber drei Prozent ist ein erster Schritt. Und dann müssen wir jedes Jahr schauen, was drinliegt. Man muss aber auch sehen: Jede Lohnerhöhung um ein Prozent löst Ausgaben in Millionenhöhe aus. Es betrifft ja nicht nur die Lehrpersonen, sondern auch das Pflegepersonal, Polizistinnen und Polizisten sowie alle anderen Verwaltungsangestellten. Trotz der guten Finanzlage wird es schwierig, das durchzubringen. Aber ich bin optimistisch, dass der Kantonsrat jetzt mitziehen wird. Denn sonst haben wir ein echtes Rekrutierungsproblem. Ich habe allerdings auch etwas Mühe, wenn jetzt nur von den Lehrpersonen gesprochen wird. Vielleicht melden sie sich am lautesten zu Wort. Das ist nicht verboten. Aber es geht nicht nur um die Lehrpersonen.

Konkrete Massnahmen, um ausschliesslich die Löhne der Lehrpersonen zu erhöhen, wird es also nicht geben?
Der Lohn ist eine wichtige Komponente, aber nur ein Faktor. Das Berufsumfeld ist ebenfalls wichtig. Geleitete Schulen sind gerade für viele jüngere Lehrpersonen eine Bedingung. Nachdem der Souverän das 2012 abgelehnt hat, kann hoffentlich bald ein neuer Versuch gestartet werden. Es gibt einen hängigen Vorstoss aus dem Parlament, der die flächendeckende Einführung von geleiteten Schulen fordert. Ich bin überzeugt, dass sich eine Mehrheit des Kantonsrates dafür aussprechen wird. Dann wird das Erziehungsdepartement sehr rasch eine neue Vorlage bringen. Und dann hätte auch der letzte Kanton dieses Landes geleitete Schulen.

Sie nehmen beim Thema Lohn den Kantonsrat in die Pflicht. Laut der Schulpräsidentin der Stadt, Katrin Huber, gäbe es aber mehrere Punkte, die das Erziehungsdepartement (ED) eigenhändig verbessern könnte. Beispielsweise sei eine pensionierte Lehrperson aus dem Kanton Thurgau, die eine Stellvertretung übernehmen sollte, vom ED im Minimallohn eingestuft worden, obwohl sie viele Jahre Berufserfahrung mitbrachte. Auch eine Lehrperson, die nach dem Mutterschaftsurlaub noch zusätzlich ein halbes Jahr unbezahlten Urlaub machte, wurde zurückgestuft. Weshalb?
Wir haben einen hohen Qualitätsanspruch und wollen, dass der Berufsstandard der Lehrperson hochgehalten wird. Es kann nicht einfach Krethi und Plethi Unterricht geben. Und wir können nicht immer ein Auge zudrücken und Sonderlösungen genehmigen. Wir sind zwar flexibel und Notlösungen über eine kürzere Zeit sind tragbar, aber wir können beispielsweise niemanden Englisch unterrichten lassen, der dafür nicht ausgebildet ist. Das können wir nicht tolerieren. Ich bin überzeugt, dass das auch im Interesse der ausgebildeten Lehrpersonen und des Lehrerinnen- und Lehrervereins ist.

Laut Katrin Huber empfinden einige Lehrpersonen die Lohneinstufungen als «willkürlich» und beklagen eine «mangelhafte Wertschätzung». Vergrault das ED damit nicht zusätzlich Lehrpersonen?
Ich wehre mich entschieden dagegen, dass die Lohneinstufungen willkürlich seien. Wir haben in der Lohnverordnung ganz klare Richtlinien, wie Lehrerinnen und Lehrer eingestuft werden. Es werden schulische und ausserschulische Tätigkeiten angerechnet, wie die geleistete Lehrtätigkeit bzw. andere geleistete Berufsjahre. Ausserdem wird die Erziehung von Kindern bis hin zur Lebenserfahrung berücksichtigt. Die Lohneinreihung zu Beginn der Anstellung steht meiner Ansicht nach nicht im Zusammenhang mit fehlender Wertschätzung. Diese Betrachtung könnte eher im Kontext der Lohnentwicklung gesehen werden. Selbstverständlich sind nicht alle Lehrpersonen mit der Einreihung zufrieden, insbesondere wenn die Unterschiede zu den Nachbarkantonen miteinbezogen werden.

Katrin Huber sagt, das ED ziehe Personen, die ursprünglich als Kindergartenlehrperson ausgebildet wurden, danach die heilpädagogische Weiterbildung absolvierten und nun als Heilpädagoginnen und Heilpädagogen auf Primarstufe arbeiten, fünf Prozent vom Lohn ab, weil sie stufenfremd arbeiten. Andere Kantone würden das nicht so handhaben. Das mache Schaffhausen zusätzlich unattraktiv.
Die Funktion der heilpädagogischen Lehrperson an der Primarstufe setzt im Kanton Schaffhausen eine Primarlehrerausbildung voraus. Sonst erfolgt ein Lohnabzug von fünf Prozent. Das entspricht der Lehrerverordnung. Wenn nun eine Kindergärtnerin mit heilpädagogischer Ausbildung an der Primarstufe arbeitet, so wird sie in einer höheren Lohnstufe, in diesem Fall Lohnband 10, eingeteilt. Daraus erfolgt dann der Abzug. Das bedeutet, dass sie trotz Reduktion immer noch mindestens knapp drei Prozent mehr verdient als eine heilpädagogische Lehrperson am Kindergarten. Ich weiss, das ist teilweise unschön. Ich wäre der Erste, der Hand bieten würde, wenn die Lehrpersonen auf allen Stufen gleich viel verdienten. Ein Einheitslohn wäre ein mutiger Schritt, das ist das finnische Modell. Ich vermute aber, es sind gerade die Lehrpersonen, die sich am meisten dagegen wehren würden.

Bei den Kindergartenlehrpersonen liegt eine konkrete Forderung auf dem Tisch: Der Lehrerinnen- und Lehrerverein hat Ende 2018 einen Antrag gestellt, die Kindergartenlehrpersonen höher einzustufen, weil sich ihre Ausbildung nicht mehr von der Ausbildung einer Lehrperson auf der Primarstufe unterscheide (siehe AZ vom 11. Oktober 2018).
Es ist legitim, wenn eine Berufsgruppe wegen Faktoren, die sich geändert haben, einen solchen Antrag stellt. Der Prozess läuft in enger Zusammenarbeit mit dem Finanzdepartement. Ich bin gespannt, was das für Auswirkungen hat. Kommt dazu: An unserer PH gibt es neu die Ausbildung Kindergarten und Unterstufe (KGU). Schon in wenigen Jahren werden die Abgängerinnen und Abgänger also sowohl auf Primarstufe wie auch im Kindergarten arbeiten können. Dass jene, die die gleiche Ausbildung haben, auch gleich viel verdienen sollten, ist für mich sonnenklar.

Kommen wir zurück zur aktuellen Lage: In der Stadt sind noch sechs Vollzeitstellen unbesetzt und es gebe keine Bewerbungen. Was geschieht, wenn bis nach den Sommerferien nicht alle Klassen eine Lehrperson haben? Gibt es einen Notfallplan?
Abgerechnet wird kurz vor den Sommerferien. Wir müssen diese Situation ernst nehmen, aber das hatten wir auch schon. Wenn tatsächlich noch Stellen unbesetzt bleiben, muss man allenfalls zu Notmassnahmen greifen und frisch pensionierte Lehrpersonen zurückholen. Vielleicht müssen auch zwei kleine Klassen zusammengelegt werden. Allenfalls muss man schauen, dass Lehrpersonen, die Teilzeit arbeiten, noch zusätzlich ein paar Lektionen übernehmen. Hier hat es noch viel Potenzial.

Würden mit der Zusammenlegung von Klassen die Anstellungsbedingungen der bestehenden Lehrpersonen nicht noch zusätzlich verschlechtert?
Das ist die Kehrseite. Aber wir haben klare Richtwerte, Minimal- und Maximalzahlen. Wir sind Schweizer Meister, was kleine Klassen angeht. Es gibt hier sehr wohl noch Luft nach oben, gerade in ländlichen Gebieten.

Dass ein Teil des Unterrichts ausfallen wird, ist keine Option?
Ganz klar: nein. Es gibt eine Schulpflicht. Und wir werden alles daran setzen, dass jedes Kind eine Lehrerin oder einen Lehrer hat.

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lehrer gesucht schaffhauserbock 

Interview Schaffhauser Bock mit Ramona Pfund / Antworten Christian Amsler, Erziehungsdirektor Kanton Schaffhausen

Die Kündigungsfristen für Lehrpersonen im Kanton Schaffhausen sind bereits abgelaufen. Was für ein Bild zeichnet sich derzeit bezüglich der Personalsituation konkret in den Primarschulen ab? Wie sieht es bei den Kindergärten und Sekundarschulen aus?

Die Situation ist angespannt und schwierig. Es ist immer unangenehm, wenn man auf das neue Schuljahr hin als Behörde eine nicht besetzte Stelle hat. Dies weiss ich selber als langjähriger Schulreferent und Schulbehördenmitglied einer Gemeinde selber nur zu gut. Aktuell sind im Stellenportal des Kantons 67Lehrerstellen offen. Das ist vergleichsweise zu den Vorjahren zu diesem Zeitpunkt eine hohe Zahl.

Wie ist die Tendenz hinsichtlich der Kündigungen? Zeichnet sich die Lohnsituation/-debatte ab bzw. wandern viele Lehrpersonen in andere Kantone ab?

Der Lohn ist sicherlich eine Komponente in der momentanen Situation der Lehrerknappheit. Diesen allerdings alleine dafür verantwortlich zu machen, wäre aber sehr kurz gegriffen. Es findet sicherlich kein eigentlicher Exodus in die Nachbarkantone statt. Aber klar schaut eine junge Berufseinsteigerin auch den Lohn an und sieht, dass er über dem Rhein deutlich höher ist als bei uns.

Wie gestaltet sich die Suche nach neuen Lehrpersonen? Bietet sich den Schulen eine grosse Auswahl an Kandidaten?

Die Suche ist aktuell schwierig. Ich höre von Stellen, wo gar keine oder nur zwei Bewerbungen eingehen. Gerade vorletzte Woche haben wir uns mit den Schulpräsidien und Schulreferaten der Gemeinden getroffen. Die Rückmeldungen sind so, dass sich einige Behörden Sorgen machen hinsichtlich der Besetzung der offenen Stellen. Die Demografie schlägt voll durch. Die Babyboomer gehen in Pension, auch bei den Lehrerinnen und Lehrer!

Werden verhältnismässig viele ausländische – vornehmlich deutsche – Lehrpersonen engagiert? Wie werden diese geschult oder was wird unternommen, damit auch die lokale/regionale/nationale Kultur und die Mundartim Unterricht Platz findet?

Als Grenzkanton sind wir froh, dass wir in Zeiten von Lehrerknappheit deutsche Pädagoginnen und Pädagogen zur Verfügung haben. Diese machen einen guten Job. Mit der vermehrten Einstellung von deutschen Lehrpersonen, die aufgrund unserer Grenzlage und der guten Arbeitsbedingungen an einer Anstellung an einer Schaffhauser Schule sehr interessiert sind und über gute berufliche Qualifikationen verfügen, kann also u.a. reagiert werden. Aufgrund dieser Erfahrungen wurde zusätzlich ein sicher einmaliges und vor allem tragfähiges Qualitätskonzept entwickelt. Im Rahmen der Berufseinführung an der PHSH (BEF) werden Lehrpersonen zudem während ihren ersten Berufsjahren eng begleitet und betreut. Dies als wichtiges Qualitätsmittel!

Nicht adäquat ausgebildete Lehrpersonen dürfen nur mit Bewilligung der Schulaufsicht, befristet und mit Lohnreduktion eingesetzt werden. Grosszügig unterstützt werden Lehrpersonen, welche sich für Fächer oder Stufen nachqualifizieren. Solche mit ausländischen Patenten erlangen übrigens die Zulassung zu Stufen und Fächern nach abgeschlossenem Aequivalenzverfahrenbei der EDK und entsprechender Anerkennung.

Zeichnet sich allenfalls ein Lehrermangel für das kommende Schuljahr ab?

Lehrerüberfluss und Lehrermangel haben sich schon immer zyklisch verhalten und entsprechend abgewechselt. Es ist nun aber klar so, dass es Anzeichen eines verstärkten Lehrermangels gibt.

Trotz guter Nachfrage von Studierenden an den Pädagogischen Hochschulen der Schweiz zeigen schweizweite Zahlen, dass der entsprechende Nachwuchs die in die Pension übertretenden Lehrerinnen und Lehrer nicht vollständig abdecken können. Dies ist ein demografisches Phänomen, das nicht nur für die Lehrberufe gilt. Das Erziehungsdepartement nimmt die Frage des drohenden Lehrermangels nicht auf die leichte Schulter und ist sich bewusst, dass sich die Lage eher verschärfen als entspannen wird.

Falls ja, mit welchen Sofortmassnahmen kann diesem entgegengewirkt werden?

Es gibt kein Patentrezept dafür. Immer wieder gab es in der Geschichte Notmassnahmen, auf die allenfalls wieder zu gegebener Zeit zurückgegriffen werden muss. Dieses azyklische Verhalten von Nachfrage und Angebot auf dem Stellenmarkt für Lehrpersonen spielt bereits seit Jahrzehnten. Die Interventionen greifen oft erst zu einem Zeitpunkt, an dem die Extremsituation bereits überwunden ist.

Falls nein, müssen dafür oft Kompromisse bei den Fähigkeiten/Ausbildungen/Präferenzen eingegangen werden?

Da sind wir sehr strikt im Interesse der Qualität unserer Schule. Es ist nun einmal so, dass nicht einfach jede und jeder Schule geben darf und kann. Das sind wir auch der Profession und der Schulqualität schuldig. Sie lassen Ihre Zähne auch nicht von irgendjemandem behandeln und erwarten, dass Ihr Metzger à fond Bescheid weiss über das Fleisch. Quereinsteiger zu fördern, ist zwar eine gute Idee, sofern die praktische Ausbildung stimmt. Bei (zu viel)Nachqualifikation und „Schnellbleichen“ fürchte ich jedoch, dass diese demoralisierend wirken kann. Da denkt sich doch jeder Sek-I-Lehrer: Warum habe ich eigentlich vier Jahre studiert, wenn jetzt einer kommt und nach einem Vierteljahr dasselbe machen darf? 

Hat die aktuelle Situation bezüglich der teilweise herrschenden Unzufriedenheit mit der Entlöhnung Einfluss auf die Bildung der Kinder? Wie ist einer solchen Konsequenz entgegenzuwirken?

Es spielen ganz viele Gründe mit. Einerseits hat sich das Ansehen des Lehrberufs verändert, andererseits die Ausbildung, und es werden immer mehr Aufgaben und Anforderungen an die Lehrer herangetragen. Die Gesellschaft hat gegenüber der Lehrerschaft eine sehr grosse Verantwortung, die leider zum Teil nur sehr mangelhaft wahrgenommen wird. Die Belastung in den pädagogischen Berufen ist heute enorm. Man ist konfrontiert mit stark fordernden Eltern, die immer mehr auch mit einem Rechtsanwalt im Rücken einfahren. Nochmals: Der Lohn spielt zweifelsfrei mit. Der Lehrermangel hat aber auch mit dem zunehmenden Druck des Erzieherkonflikts zu tun. Dies ist das innere Dilemma des Lehrers, einerseits den Schüler zu verstehen und andererseits bestimmte Massnahmen durchzusetzen. Dieser Erzieherkonflikt ist grösser denn je. Und dies ist für viele junge Lehrer eine grosse Herausforderung. Weil sie es nicht schaffen, sauber zwischen Spielregeln sowie Anordnungen und Wünschen zu trennen. Eines muss hier aber klar gesagt werden: Wir haben in Schaffhausen sehr gute Schulen mit ausgezeichneten Resultaten in den interkantonalen Vergleichen. Unsere Lehrerinnen und Lehrer machen einen sehr guten Job!

Die Lage spitzt sich durch die Lohndebatte zu, in den kommenden Jahren dürfte es nicht einfacher werden, die offenen Stellen zu besetzen. Welches Vorgehen plant der Regierungsrat diesbezüglich?

Wir beobachten die Situation sehr genau und sind in engem Kontakt mit den Schulbehörden. Massnahmen werden jeweils auch mit den anderen Kantonen abgestimmt, die ja in der gleichen Situation sind.

Für den Regierungsrat ist klar: Falls der Kanton keine Massnahmen zur Alimentierung des Lohnsystems ergreift, welche die Konkurrenzfähigkeiterhöhen und die ausreichende Honorierung der nutzbaren Erfahrung von insbesondere jüngeren Personen ermöglichen, wird sich der Arbeitgeber massiven Rekrutierungsproblemen gegenübergestellt sehen. Ein grosses Risiko besteht gerade bei den grossen Berufsgruppen mit hoher Durchlässigkeit (z. B. Lehrpersonen, qualifizierte Fachkräfte im medizinisch / pflegerischen Bereich, Polizei). Wenn die Lohndifferenz zu den umliegenden Kantonen zu gross wird, muss mit einer Abwanderung gerechnet werden. Sollte die Entwicklung einmal so weit fortgeschritten sein, werden erheblich mehr Mittel zur Behebung eingesetzt werden müssen. Ein Zuwarten ist keine Lösung, weshalb jetzt die nötigen Massnahmen zu ergreifen und entsprechende Mittel zu gewähren sind.

Wie kann der Kantonsrat vom akuten Handlungsbedarf überzeugt werden?

Ja, die Mitglieder des Kantonsrates sind hier stark mit in der Verantwortung, denn sie sind es, die schlussendlich die Mittel für die Wirkung zeigende Alimentierung unseres Schaffhauser Lohnsystems sprechen. Der Regierungsrat wird nicht müde werden, resolut darauf hinzuweisen, wie er das in der jüngsten Vergangenheit immer wieder gemacht hat.

Der Regierungsrat hatte schon in seiner Vorlage 16-112 „ Bericht und Antrag des Regierungsrates des Kantons Schaffhausen an den Kantonsrat betreffend Änderung des Personalgesetzes (Mittel für individuelle, leistungsbedingte Lohnanpassungen)“ vom 6.9.2016 unmissverständlich darauf hingewiesen, dass es klare Korrekturschritte braucht.

Siehe > https://www2.sh.ch/.../Regierung/Vorlagen/2016/2016-112.pdf

Auch später im Rahmen der Finanzplanung haben wir angezeigt, dass es dringend ist, in Schritten 3% am Korrekturrad zu drehen, um das Schaffhauser Lohnsystem wieder einigermassen fit zu machen.

Eine Tabelle in der Vorlage zeigt die prozentualen Mittel für individuelle, leistungsbedingte sowie generelle (teuerungsbedingte) Lohnanpassungen seit der Revision des Schaffhauser Besoldungssystems im Jahre 2005. Im Durchschnitt sind seit der Einführung des aktuellen Lohnsystems 0.8 % fürindividuelle, leistungsbedingte Lohnanpassungen bereitgestellt worden. Es zeigt sich, dass dies einfach nicht reicht! 

Es gilt für uns alle, dem LehrerInnenberuf aktiv Wertschätzung entgegenzubringen und an einem guten Image mitzuarbeiten. Der Regierungsrat erachtet die hohen Qualitätsanforderungen bei der Lehrerausbildung auch in Zeiten von Lehrerknappheit als nicht verhandelbar. Die grosse Herausforderung in den nächsten Jahren wird sein, nicht nur hinreichend viele, sondern auch hinreichend geeignete Personen für den Lehrberuf zu gewinnen, diese bestmöglich auf ihren anspruchsvollen Beruf vorzubereiten und sie in ihrer beruflichen Laufbahn geeignet zu stützen und zu fördern. 

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