Aktuelles / Notizen

18.06.2016

Verleihung Förderpreise


und Atelierstipendien 2016

Die glücklichen Preisträger und ihre Laudatoren (von links): Ralf Schlatter, Rebekka Gnädinger, Anna-Katharina Rickert, Regierungsrat Christian Amsler, Felix Tissi, Rubén Fructuoso, Beat Wipf, Andreas Dal Cero, Stadtrat Simon Stocker, Jörg Odermatt und Joana Aderi.Bild Luisa Kehl, Schaffhauser Nachrichten

Grusswort Regierungsrat Christian Amsler zur

Verleihung der Förderbeiträge und Atelierstipendien auf der Haberhaus Bühne am

Mittwoch, 22. Juni 2016

Sehr geehrte Damen und Herren, Vertreter und Vertreterinnen aus Kultur und Politik, geschätzte Medienschaffende, und vor allem liebe Kulturschaffende

Ich freue mich sehr, Sie als Kulturdirektor im Namen von Kanton und Stadt Schaffhausen ganz herzlich zur heutigen Verleihung der Förderbeiträge von Kanton und Stadt Schaffhausen sowie der Atelierstipendien des Kantons Schaffhausen auf der Haberhaus Bühne begrüssen zu dürfen. Wir haben uns zwar bemüht, den Anlass um die Fussballeuropameisterschaft herum zu planen, doch erwies sich dies als eine zu sportliche Herausforderung. Es war einfach nicht möglich, aber immerhin befinden wir uns noch nicht in der heissen Phase, sondern sind erst in der Vorrunde bei den Gruppenspielen.

Besonders begrüsse ich Stadtrat Simon Stocker, der heute in Vertretung des für Kultur zuständigen Stadtrates Urs Hunziker anwesend ist und mit mir zusammen die Förderbeiträge überreichen wird. Stadtrat Urs Hunziker musste sich leider wegen einer Veranstaltung im Museum zu Allerheiligen entschuldigen, er sendet aber seine besten Grüsse.

Ganz besonders begrüsse ich alle Kulturschaffenden. Sie haben mit ihren Bewerbungen gezeigt, dass Kulturschaffende aus Schaffhausen spannende und innovative Projekte entwickeln. Dass die Arbeit von Kulturschaffenden immer auch nach aussen wirken soll und wirken will, ergibt sich aus der Natur kultureller Arbeit. Dass diese Arbeit, wenn sie nach aussen wirkt, auch Kritik und Widerspruch provoziert, liegt ebenfalls in der Natur der Sache. Deshalb danke ich allen, die sich für einen Förderbeitrag oder ein Atelierstipendium beworben haben für die Bereitschaft, sich dem kritischen Urteil des Kuratoriums zu stellen. Dort, wo juriert wird, müssen Entscheide fallen, was auch heisst, dass nicht alle Bewerbungen berücksichtigt werden können. Ich kann aber verstehen, dass diejenigen Kulturschaffenden, deren Bewerbungen nicht berücksichtigt werden konnten, etwas enttäuscht sind. Ich bin aber sicher, dass das Kuratorium nach bestem Wissen und Gewissen seine Entscheide fällt. Nur schon die Amtszeitbeschränkung der externen Fachexpertinnen und Fachexperten im Kuratorium von acht Jahren verhindert, dass immer die gleichen Expertinnen und Experten immer die gleiche Art von Bewerbungen zur Förderung auswählen. So wird es sein, dass von den vier externen Mitgliedern des Kuratoriums mit dem Ablauf der Legislatur zwei ausscheiden werden, da für sie die Amtszeit abgelaufen ist. Es handelt sich dabei um Caroline Minjolle, Fachexpertin und Projektleiterin Tanz und Theater, und Beatrice Stoll, Expertin für Literatur und ehemalige Leiterin des Literaturhauses Zürich. Ich danke Frau Minjolle und Frau Stoll im Namen von Regierungs- und Stadtrat bestens für die engagierte, kenntnisreiche und kompetente Mitarbeit im Kuratorium. Das Kuratorium konnte von Ihrer Arbeit sehr profitieren. Herzlichen Dank!

Ich danke aber auch allen anderen Mitgliedern des Kuratoriums zur Verleihung der Förderbeiträge und Atelierstipendien: Alexandra Blättler, Kunsthistorikerin und freie Kuratorin und Moritz Müllenbach, Musiker und Komponist, sowie Cristina Baumgartner-Spahn, Mitarbeiterin im Rechtsdienst des Erziehungsdepartements, die als Vertreterin des Kantons Schaffhausen im Kuratorium Einsitz hat, und Marion Preuss, als von der Stadt Stein am Rhein delegiertes Mitglied. Frau Preuss wird das Kuratorium ebenfalls auf Ende der Legislatur verlassen. Auch ihr danke ich im Namen von Regierungs- und Stadtrat für die engagierte Mitarbeit im Kuratorium. Vervollständigt wird das Kuratorium durch den städtischen Kulturbeauftragten Jens Lampater. Beatrice Stoll, die in diesem Jahr den Vorsitz des Kuratoriums übernahm, wird anschliessend im Namen des Kuratoriums den Bericht zu den Förderbeiträgen abstatten.

In diesem Jahr werden die Förderbeiträge zum fünfzehnten Mal verliehen. Was 2002 gemeinsam von Kanton und Stadt Schaffhausen iniziiert wurde, hat sich bewährt. In diesen 15 Jahren wurden zusammen mit der heutigen Verleihung insgesamt 80 Förderbeiträge verliehen, die sich auf 27 Projekte aus der Sparte Kunst, 19 aus der Sparte Musik, 11 aus der Sparte Literatur, 9 aus der Sparte Film, 8 aus der Sparte Theater und 6 aus der Sparte Tanz aufteilen. Stellt man in Rechnung, dass in der Regel gegen 50% aller Bewerbungen aus dem Bereich der Kunst stammen, dann zeigt sich an dieser Aufteilung, dass sich das Kuratorium tatsächlich bemüht, die qualitativ überzeugendsten Bewerbungen zu wählen unabhängig von einem Spartenproporz. Von den 80 Förderbeiträgen konnten zudem 44 an Frauen verliehen werden.

Die Atelierstipendien für einen je sechsmonatigen Aufenthalt im vom Kanton unterhaltenen Atelier in Berlin konnten zum zwölften Mal ausgeschrieben werden. Die bisher gemachten Erfahrungen zeigen, dass sich das Atelier als Fördermassnahme bewährt, und es ist spannend zu verfolgen, wie sich die einzelnen Stipendiatinnen und Stipendiaten über die vergangenen Jahre hinweg mit der Stadt Berlin auseinandergesetzt haben. Cristina Baumgartner-Spahn wird im zweiten Teil im Namen des Kuratoriums den Bericht zu den Atelierstipendien abstatten.

Ich danke allen Helferinnen und Helfern vor und hinter den Kulissen, die den heutigen Anlass organisiert haben. Ganz besonderer Dank gebührt Pia Grees, die uns musikalisch durch den Anlass begleitet.

Ich danke aber auch der Crew der Haberhaus Bühne für die Organisation bestens. Wir möchten ja immer wieder an einem anderen Ort diese festliche Verleihung durchführen, an Orten eben, wo Kultur gemacht und gezeigt wird. Dass wir in diesem Jahr die Haberhaus Bühne wählten, soll durchaus auch als Zeichen der Anerkennung und vor allem der Unterstützung für die Haberhaus Bühne betrachtet werden, und wir freuen uns, auch zukünftig vom Angebot der Haberhaus Bühne profitieren zu können.

Wie Sie vielleicht wissen, versuchen wir, in jedem Jahr ein anderes Blumengeschenk zu überreichen. In diesem Jahr sind es Duftgeranien. Sie liegen voll im Trend, sind sie gewissermassen doch nachhaltig. Gemäss Gärtnerei, - und wir verlassen uns dabei auf das von den Profis Gesagte, können die Blüten nämlich gegessen und die Blätter zur Aromatisierung von Cocktails verwendet werden.

Erwähnen möchte ich, dass für Medienschaffende, aber auch für alle anderen Interessierte hier im Haberhauskeller meine soeben gesprochenen Worte und die nachfolgenden Laudatiotexte zu den einzelnen Künstlerinnen und Künstler soeben automatisch auf meine Website www.christianamsler.ch geladen worden sind. Dort einfach NEWS anklicken.

Im Anschluss an den offiziellen Teil wird ein Apéro serviert und wir freuen uns darauf, mit Ihnen anzustossen. Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Abend und danke Ihnen, dass Sie so zahlreich gekommen sind.

1. Förderbeitrag von Kanton und Stadt Schaffhausen  

Joana Aderi

Unpolished Do-it-yourself electropop with a punk attitude. So beschreibt Joana Aderi die Musik ihrer vierköpfigen Band Sissy Fox. In diesem Statement schwingt eine reflektierende Haltung mit, die im kommenden Projekt „the Sun is ready“ auch vom Publikum eingefordert wird. Um den gleichnamigen Song entsteht im Vorfeld der anstehenden Kenia-Tournee ein Videoclip, das seinen Ausgangspunkt in einem Afro-Coiffeursalon der Zürcher Langstrasse nimmt. In Nairobi im Austausch mit zahlreichen Gastmusikern wird ein zweiter Clip gedreht, der mit dem ersten in einen kritischen Dialog um gesellschaftliche Klischees tritt. Wir sind auf das Resultat gespannt. 

Ursula Fricker

Niemand in diesem Raum wird die Menschen verstehen können und verstehen wollen, die sich der IS in die Arme werfen und in den Dschihad ziehen – wenn wir aber jemandem den Versuch einer Annäherung an die Verwerfung des Selbst zugestehen, dann einer so sensiblen und begabten Künstlerin wie Ursula Fricker.

Die Autorin ergründet in ihrem neuen Roman die Psyche einer Frau aus unseren Reihen, die freiwillig auf Freiheit und Selbstbestimmung verzichtet, um sich mit Haut und Haar einer charismatischen Persönlichkeit anzuvertrauen. Ursula Fricker will in ihrem Buch, ich zitiere: „den Reiz sezieren, den Unterwerfung auf Menschen ausüben kann“.

Wir freuen uns, dieser sprachmächtigen und haarfein formulierenden Autorin einen Beitrag für die Fertigstellung dieses aktuellen und äusserst interessanten Romanprojekts überreichen zu können. 

Rubén Fructuoso und Beat Wipf

Das Kuratorium freut sich, Rubén Fructuoso und Beat Wipf mit einem Förderbeitrag auszuzeichnen. Die beiden Künstler bewarben sich mit einer Arbeit zur „heiligen Gret von Wildensbuch“ (1794-1823), die scheinbar auch in Schaffhausen eine nicht Unbekannte war. Dabei interessieren sie sich für die Bedeutung des Tafelbildes und seiner unverkennbaren Herkunft im kirchlichen Altar, bis hin zum heutigen an die Wand gehängten Bild. Die neue Arbeit thematisiert den Altar als bühnenartiges Objekt, worin das Bild eine architektonische Inszenierung erlebt.

Inhaltlich bezieht sich die geplante Altar-Installation auf die oben erwähnte Margarete Peter alias "heilige Gret von Wildensbuch", die sich, unter Einfluss einer Sekte, 1823 in einem religiösen Wahn, im festen Glauben wieder aufzuerstehen, in der Karwoche von ihrer Familie kreuzigen liess. Die Künstler interessiert die Aktualität des religiösen Wahns in der heutigen Zeit und sie verpacken die beschriebene Begebenheit in einer darauf zugeschnittenen Installation im Kontext von Altardarstellungen durch die Jahrhunderte hindurch. Das Kuratorium sieht den Moment als optimal, angesichts der mit Schaffhausen verbundenen Geschichte, ihr Vorhaben mit einem Förderbeitrag zu unterstützen. 

Rebekka Gnädinger

Das Kuratorium freut sich, Rebekka Gnädinger mit einem Förderbeitrag auszuzeichnen. Die Künstlerin befindet sich aktuell als Artist in Residence in St. Louis in Senegal. Dort soll afrikanische Kultur mit Kulturen europäischer Länder konfrontiert und vernetzt werden. Dabei stehen Kunst und Design im Zentrum des Austausches. Während ihrem Aufenthalt findet auch die Dak’Art statt, eine Biennale für zeitgenössische afrikanische Kunst. Rebekka Gnädinger fällt durch ihre starke Farb- und Formensprache im Medium der Malerei und des „papercut“, so genannter Papier-Collagen, auf. Gerade vor dem Hintergrund ihres stark abstrahierten bildnerischen Schaffens, schien es dem Kuratorium interessant, dieses Vorhaben finanziell zu unterstützen. Ihre Formensprache und Farbsetzungen sind den Mustern afrikanischer Stoffe nicht unähnlich und könnten im direkten Austausch in Senegal neue Dimensionen annehmen. Zusätzlich plant die Künstlerin eine Publikation, deren Realisation mit dem Beitrag ebenfalls voran getrieben werden soll. 

Jürg Odermatt

Der schrullige Bandname Papst & Abstinenzler ist Programm für Jürg Odermatts Songtexte in Schaffhauser Dialekt, die unseren ganz normalen Alltag beschreiben – scheinbar. Auf den zweiten Blick scheint feiner Humor durch, poetische Verdrehungen schälen sich heraus, Pointen werden fast beiläufig reingeschmuggelt. Die Songs der hervorragend aufeinander eingespielten Formation wirken denn auch durch ihre subtile Instrumentierung lakonisch, aber nie unterkühlt, die stilistische Vielfalt spannt mit Leichtigkeit einen Bogen von Country bis Krautrock und bleibt dabei trotzdem sich selbst. Der Werkbeitrag unterstützt die Produktion eines weiteren Studioalbums, auf das man gespannt sein darf. 

Ralf Schlatter und Anna-Katharina Richert alias schön & gut

Ralf Schlatter und Anna-Katharina Rickert, alias Georg Schön und Katharina Gut, machen sich auf den Weg zu ihrem 5. abendfüllenden Stück. Herr Schön und Frau Gut gehen mit der Produktion MARY dem Thema der Migration nach und richten ihren Fokus im Speziellen auf die Frage der Entfremdung des Individuums von sich selber.

Gedankenspiele zu diesem politisch brisanten Stoff stehen in allen ihrer Erscheinungsformen im Vordergrund und werden durchdekliniert. Um den Zusammenhang zwischen der eigenen Entfremdung und dem Umgang mit Fremden auszuloten, nähert sich das Künstlerduo Aspekten wie Aus- und Einwandern, Einbürgerung, Asylsuchende, Wirtschaftsflüchtlinge, Heimat, Angst vor Fremden, Fremd sein, Fremd gehen...

Mit dem Projekt MARY verspricht schön & gut eine virtuose Mischung von Wortspiel, Satire und Musik, ganz im Stil des renommierten Duos. Poetisches und politisches Kabarett als hohe Kunst. Das Publikum darf sich freuen. 

Felix Tissi

Felix Tissi will in seinem neuen Spielfilmprojekt eine Hand voll Menschen ein Weilchen begleiten. Alle sind sie ganz normal, schon ein wenig älter, ein bisschen bockig und ein bisschen liebenswert. Das wäre an sich noch nicht der Stoff für das grosse Erzählkino. Felix Tissi aber ist einer, der mit gekonnter Feder, mit Lakonie und Sprachwitz seinen Figuren mehr als nur Alltagsleben einhaucht. Kamera, Schnitttechnik und Musik tun ihr Übriges...

Aber soweit sind wir noch nicht – vorläufig sind wir beim Drehbuch, das den Grundstein legt für einen weiteren von Tissis wunderschön erzählten und erzählenden Filmen.

Wir freuen uns, den Regisseur und Drehbuchautor mit der Unterstützung von Kanton und Stadt Schaffhausen einen wichtigen Schritt näher an diesen neuen Spielfilm zu bringen. 

2. Atelierstipendium des Kanton Schaffhausen  

Judith Kakon

Das Kuratorium freut sich, Judith Kakon mit dem sechsmonatigen Berlin-Atelierstipendium auszuzeichnen. Der Künstlerin wurde 2015 bereits der ERNTE-Kunstpreis zugesprochen. Die meist sehr reduzierten Arbeiten Judith Kakons überzeugen in gestalterischer, materieller wie auch ästhetischer Hinsicht. Dabei weiss sie, mit präzise aufeinander abgestimmten Werkstoffen Inhalte in ein subtiles Kunstwerk zu überführen. Nicht selten besticht ihr Werk formal durch den Umgang mit Licht, Tonalität und Rhythmus. Trotz des oft provisorisch und zerbrechlich wirkenden Werk-Charakters kommt ihre Arbeit ausgereift und wohl überlegt daher.

Judith Kakon sieht den Moment als optimal, sich der internationalen Kunstwelt in Berlin auszusetzen um ihre Arbeit voran zu treiben und in einem neuen Kontext weiter zu entwickeln. Das Kuratorium unterstützt mit seinem Entscheid den Plan der 28-jährigen Künstlerin und unterstreicht damit den auffällig contemporänen Charakter und Ausdruck ihres Schaffens. 

Andreas Dal Cero

Das Kuratorium freut sich, Andreas Dal Cero mit dem sechsmonatigen Berlin-Atelierstipendium auszuzeichnen. Der Künstler ist in Schaffhausen kein unbekannter Zeitgenosse. Erst noch 2015 war seine Malerei an der ERNTE Gruppenausstellung im Museum zu Allerheiligen zu sehen, sowie 2016 in der Kunsthalle Vebikus. In seiner Malerei verbindet er Architektur, Innenräume und Aussenansichten mit Ornamentik oder Muster. Immer wieder erscheinen in seinen flächig angelegten Landschaften Personen, meistens zeigt er uns aber nur Anschnitte grösserer Bildwelten. Dabei weiss der Maler gekonnt Farbflächen zu setzen und durch seine Technik ein Geheimnis im Bild zu bewahren. Die städtische Disposition von Berlin reizt den Künstler und wir als Kuratorium können uns vorstellen, dass diese Metropole, angefüllt mit internationalem Kunstschaffen, gezeichnet von neuester Architektur sowie peripheren Landschaftsbrachen ihm als Maler eine Vielzahl spannender Herausforderungen zu bieten hat.