Aktuelles / Notizen

17.06.2017

Verleihung der Förderbeiträge und Atelierstipendien


Grusswort Regierungsrat Christian Amsler

Sehr geehrte Damen und Herren, Vertreter und Vertreterinnen aus Kultur und Politik, geschätzte Medienschaffende, und vor allem liebe Kulturschaffende

Ich freue mich sehr, Sie als Kulturdirektor im Namen von Kanton und Stadt Schaffhausen ganz herzlich zur heutigen Verleihung der Förderbeiträge von Kanton und Stadt Schaffhausen sowie der Atelierstipendien des Kantons Schaffhausen auf der Bühne des legendären Schützenstüblis begrüssen zu dürfen.

Am 12. Januar 1957 ging in der Schützenstube zum allerersten Mal der Vorhang auf. Viele hundert Vorstellungen sind seitdem in der legendären Schützenstube schon über die Bühne gegangen. Während vierzehn Jahren präsentierte das von Roli Tanner gegründete Vorstadt Cabaret jedes Jahr ein neues Programm mit meist über 50 ausverkauften Vorstellungen pro Saison. Wir machen aber natürlich alles andere als Cabaret und meinen es sehr ernst. Aber natürlich soll diese Verleihung heute Abend aber durchaus auch fröhlich, unbeschwert und locker über die Bühne gehen.

Beim Vorstadt Apéro konnte Rolf Müller jeweils berühmte Gäste aus Politik, Kultur, Sport und Show Business auf der Bühne begrüssen, von Maria Becker bis Trudi Gerster oder von Guido Baumann bis Maria Walliser.

Fredy Lienhard, Reinhard Mey und Véronique Muller gaben hier Gastspiele. Die New Riverside Dixieland Jazzband hatte hier ihr Debut. Die meisten Programme von Dieter Wiesmann hatten auf dieser Bühne Première. Kulturveranstaltungen der Stadt Schaffhausen und Konzerte des Jazzclubs Schaffhausen wurden auf dieser Bühne inszeniert. Also – ein sehr würdiger Ort für das, was wir mit Ihnen vorhaben. Und wenn ich sage WIR: Besonders begrüsse ich Stadtrat Dr. Raphaël Rohner, der als Stadtrat seit Jahresbeginn für die Kultur zuständig ist und der mit mir zusammen die Förderbeiträge überreichen wird.

Ganz besonders begrüsse ich alle Kulturschaffenden. Sie haben mit ihren Bewerbungen gezeigt, dass Kulturschaffende aus Schaffhausen spannende und innovative Projekte entwickeln. Dass die Arbeit von Kulturschaffenden immer auch nach aussen wirken soll und wirken will, ergibt sich aus der Natur kultureller Arbeit. Dass diese Arbeit, wenn sie nach aussen wirkt, auch Kritik und Widerspruch provoziert, liegt ebenfalls in der Natur der Sache. Deshalb danke ich allen, die sich für einen Förderbeitrag oder ein Atelierstipendium beworben haben für die Bereitschaft, sich dem kritischen Urteil des Kuratoriums zu stellen. Dort, wo juriert wird, müssen Entscheide fallen. Das heisst aber auch, dass nicht alle Bewerbungen berücksichtigt werden können. Wir können gut verstehen, dass diejenigen Kulturschaffenden, deren Bewerbungen nicht berücksichtigt werden konnten, enttäuscht sein mögen. Ich bin allerdings sicher, dass das Kuratorium nach bestem Wissen und Gewissen seine Entscheide fällt. Nur schon die Amtszeitbeschränkung der externen Fachexpertinnen und Fachexperten im Kuratorium von maximal acht Jahren verhindert, dass immer die gleichen Expertinnen und Experten die Bewerbungen beurteilen. So waren in diesem Jahr drei neue Mitglieder im Kuratorium, Frau Andrea Reiter als Fachexpertin für Literatur und Film, Herr Michael Rüegg, Co-Leiter des Fabriktheaters der Roten Fabrik als Experte für Theater und Tanz, sowie Elisabeth Schraut, Kulturbeauftragte der Jakob und Emma Windler-Stiftung als Vertreterin der Stadt Stein am Rhein. Ich danke im Namen von Regierungs- und Stadtrat bestens für die engagierte, kenntnisreiche und kompetente Mitarbeit im Kuratorium.

Ich danke aber auch allen anderen Mitgliedern des Kuratoriums zur Verleihung der Förderbeiträge und Atelierstipendien: Alexandra Blättler, Kunsthistorikerin und freie Kuratorin und Moritz Müllenbach, Musiker und Komponist, sowie Cristina Baumgartner-Spahn, Mitarbeiterin im Rechtsdienst meines Erziehungsdepartements, die als Vertreterin des Kantons Schaffhausen im Kuratorium Einsitz hat. Vervollständigt wird das Kuratorium durch den städtischen Kulturbeauftragten Jens Lampater. Moritz Müllenbach, der in diesem Jahr den Vorsitz des Kuratoriums übernahm, wird anschliessend im Namen des Kuratoriums den Bericht zu den Förderbeiträgen abstatten.

In diesem Jahr werden die Förderbeiträge zum sechszehnten Mal verliehen. Was 2002 gemeinsam von Kanton und Stadt Schaffhausen entwickelt wurde, hat sich bewährt. In diesen 16 Jahren wurden zusammen mit der heutigen Verleihung fast 90 Förderbeiträge verliehen. Wie die meisten von Ihnen wissen, haben Kanton und Stadt Schaffhausen schwierige Jahre hinter sich, in denen es Sparprogramme zu schnüren galt. Es war uns immer ein Bemühen, die Leistungen für die Förderbeiträge und die Atelierstipendien nicht dem Spardruck zu opfern. Was über die Jahre kontinuierlich aufgebaut worden ist, sollte und soll so erhalten bleiben. Wir sind sehr froh, dass die finanzpolitischen Zeichen wieder auf Entspannung stehen und deutliche Silberstreifen am Horizont auszumachen sind.

Die Atelierstipendien für einen je sechsmonatigen Aufenthalt im vom Kanton unterhaltenen Atelier in Berlin konnten zum dreizehnten Mal ausgeschrieben werden. Die bisher gemachten Erfahrungen zeigen, dass sich das Atelier als Fördermassnahme bewährt, und es ist spannend zu verfolgen, wie sich die einzelnen Stipendiatinnen und Stipendiaten über die vergangenen Jahre hinweg mit der Stadt Berlin auseinandergesetzt haben. Cristina Baumgartner-Spahn wird im zweiten Teil im Namen des Kuratoriums den Bericht zu den Atelierstipendien abstatten.

Ich danke allen Helferinnen und Helfern vor und hinter den Kulissen, die den heutigen Anlass organisiert haben. Ganz besonderer Dank gebührt der von mir hochbewunderten Schaffhauser Pianistin Stefanie Senn, die uns musikalisch durch den Anlass begleitet.

Ich danke aber auch der Crew der Schützenstube für die Organisation bestens. Wir möchten ja immer wieder an einem anderen Ort diese festliche Verleihung durchführen, an Orten eben, wo Kultur gemacht und gezeigt wird. Ich habe es eingangs skizziert: Wir sind hier an einem Ort, an dem seit Jahrzehnten Kleinkunst auf höchstem Niveau organisiert wird. Wenn Sie noch nie an einer Veranstaltung des Vorstadt Variétés waren, dann haben Sie sich bisher etwas entgehen lassen.

Im Anschluss an den offiziellen Teil wird ein Apéro serviert und wir freuen uns darauf, mit Ihnen anzustossen. Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Abend und danke Ihnen, dass Sie so zahlreich gekommen sind.

Förderbeitrag von Kanton und Stadt Schaffhausen 2017

Andrea Boll

Ohne den menschlichen Körper und die Vielzahl der Bewegungen, zu denen der Mensch fähig sein kann, wäre die Kunstform Tanz nicht denkbar. So liegt es nahe, dass sich die in Schaffhausen aufgewachsene Tänzerin und Choreografin Andrea Boll mit dem menschlichen Körper auseinandersetzt, genauer gesagt mit den Knochen des menschlichen Skeletts, quasi dem Baukasten jedes Körpers.
In ihrer neuesten Arbeit mit dem folgerichtigen Titel „bones" geht Andrea Boll gemeinsam mit den beiden Tänzerinnen Sonia Rocha und Elina MüllerMeyer sowie mit den Musikern Roman Glaser und Fabien Sevilla diesen menschlichen Knochen auf den Grund: Welche Geschichten und Erfahrungen wohnen ihnen inne? Und was erzählen die Knochen über uns selbst und andere? Dass dieses Projekt an der Schnittstelle von Tanztheater, Performance und Wissenschaft ganz und gar nicht „knochentrocken" wird, davon ist das Kuratorium überzeugt, und unterstützt Andrea Boll mit einem Beitrag in Höhe von 15'000 Franken.

Faro und Michael Burtscher

Viele werden ihn kennen, den als Loop gestalteten Gartenstuhl aus Faserzement, der es bis ins MoMa nach New York schaffte. Entworfen hat ihn Willy Guhl, ein 1915 in Stein am Rhein geborener Designer und Innenarchitekt. Bis zu seinem Lebensende 2004 war er in Zürich und Schaffhausen beheimatet. Mit seinem neofunktionalistischen Stil beeinflusste Guhl globale Strömungen, als Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Zürich prägte er viele Generationen junger Schweizer Designer und Innenarchitektinnen.
Der verkannten Designikone wollen sich die Filmemacher Faro und Michael Burtscher in einem Dokumentarfilm widmen. Sie werden Menschen aus Guhls weiterem Umfeld befragen und seine gestalterischen Ansätze und Entwurfsmethoden entschlüsseln. Dafür wollen sie eine Filmsprache entwickeln, die in künstlerischer Weise die Kreativität des Designers mit seiner Lebensgeschichte verbindet. Wir wünschen ihnen mit ihrem Filmprojekt viel Erfolg.

Yvonne Moore

Yvonne Moore und Mat Callahan haben sich daran gemacht, Lieder aus der Zeit der Sklaverei sowie der beginnenden Freiheitsbewegung in Amerika aufzuspüren. Das unermüdliche Forschen der beiden Musiker hat zu Partnerschaften mit Bibliotheken, Musikakademien, Wissenschaftlern und einem Buchverlag geführt und damit zur Lancierung von Buch und Doppel-CD unter dem Titel „Songs of Slavery and Emancipation". Für die Aufnahmen der von Callahan sorgfältig arrangierten Lieder wird am Berklee College of Music in Boston eigens ein Chor aus jungen afroamerikanischen Musikern zusammengestellt. Wir dürfen uns auf die Realisierung eines klingenden Zeitdokumentes freuen, dessen Inhalt auch in der heutigen Weltlage aktuell bleibt.

Reto Müller

Das Kuratorium freut sich, einen Förderbeitrag von Fr. 15'000 an Reto Müller zu vergeben. Das gesprochene Geld wird der Künstler in die Weiterentwicklung und Vertiefung seiner Film- und Skulpturenprojekte investieren, wobei er plant, in spezialisierten Werkstätten das Basaltgussverfahren zu erlernen. Sein spezielles Interesse an der Fest- und Triumpharchitektur - Manifestationen des Idealen im Realen oder der Macht - führt ihn an Orte in Italien, Polen, Deutschland, Schottland und Island, wo er während einiger Monate seine Recherchen vertiefen wird und erste Produktionspläne realisieren kann. Mit grossemInteresse schauen wir der damit skizzierten Weiterentwicklung seiner Arbeiten entgegen und sind gespannt, was er davon in die Schweiz zurück tragen wird.

Katharina Tanner

In ihrem neuen Erzählband möchte sich die Autorin den alltäglichen Herausforderungen und brennenden Fragen widmen, mit denen die Menschen in der Mitte des Lebens und mitten im Leben konfrontiert sind. Ihre Figuren sollen sich dabei im Spannungsfeld von persönlichen Visionen und Desillusionierungen und den großen weltpolitischen Umwälzungen behaupten.
Beeindruckend ist Katharina Tanners Konzeption dieser Geschichten. Sie sind reich an Einfällen und feinem Gespür für die Vielschichtigkeiten menschlichen Seins zwischen Liebenswertem und Abgründigem. Mit virtuoser Erzählweise und raffiniertem Sprachrhythmus bringt die Autorin die Geheimnisse ihrer literarischen Figuren an die Oberfläche, ohne diese zu entzaubern. Das Kuratorium ist überzeugt, dass Katharina Tanners Erzählungen ein unterhaltsames und zugleich zum Nachdenken anregendes Lesevergnügen bieten. Wir wünschen ihr beim Schreiben viel Inspiration!

Martina-Sofie Wildberger

Das Kuratorium freut sich, einen Förderbeitrag von Fr. 15'000 für die Ausarbeitung und Verwirklichung der von Martina-Sofie Wildberger geplanten Publikation zu verleihen. Medial hat sich die Künstlerin der Performance verschrieben, wobei ihre künstlerische Ausdrucksweise auch in materielle Erzeugnisse münden kann. So z.B. in die geplante Publikation, die Wort, Schrift und Bewegung in einem Medium zusammenfasst, ohne dabei des Live-Charakters gänzlich zu entbehren. Die Arbeiten von Martina-Sofie Wildberger sind sinnlich und konzeptuell zugleich. Mit Innovation und Witz und stetem Ausloten neuer künstlerischer Möglichkeiten lässt sie AusstellungsbesucherInnen an einem herausfordernden Live-Moment teilhaben. Mit grosser Überzeugung unterstützt das Kuratorium das über längere Zeit präzise in die Wege geleitete Publikationsprojekt.

Atelierstipendium des Kantons Schaffhausen 2018 in Berlin

Mina Monsef und Andrin Winteler

Das Kuratorium freut sich, das Künstlerpaar Mina Monsef und Andrin Winteler für sechs Monate im Schaffhauser Atelier in Berlin zu begrüssen.
Beide fanden durch das Medium der Fotografie zusammen. Neben jeweiligen individuellen Arbeiten definieren sie auch einen gemeinsamen künstlerischen Bereich. Diesen wollen sie während ihres Aufenthalts in Berlin weiter ausbauen und in ihrem „Fremdsein" in einer Grossstadt neu erproben. Arbeiten, die sich im Bereich des Reisens ansiedeln, entstanden bereits 2016 im Westen der USA. Ihre Fotografien muten oft abstrakt an, obwohl sie konkrete Landschaften abbilden. Immer wieder finden sich dazwischen aber auch Bildmanipulationen. Gekonnt loten sie die Möglichkeiten der heutigen Fotografie aus.

Eliane Rutishauser

Das Kuratorium freut sich, Eliane Rutishauser mit dem Atelierstipendium für ein halbes Jahr nach Berlin zu entsenden. Gerade auch in Bezug auf ihre Arbeit birgt diese Stadt ein kaum zu überbietendes Experimentierfeld.
Ihre künstlerische Projektionsfläche bleibt nahezu ausnahmslos der eigene Körper. In neuesten Arbeiten schlüpft sie zum Beispiel in eng anliegende Kleider mit klassischem Design der Siebziger- und Achtzigerjahre und entwickelt körperliche Topografien. Zuweilen vor Tapeten und Tapisserien oder weissem Grund, entstehen aus dem eigenen Körper und dessen Bewegungsfolgen skulptural anmutende Reflexionen auf das eigene Selbst. Rutishauser gelingt ein im Zusammenhang mit dem Selbstporträt selten zu sehender und faszinierender Abstraktionsgrad, wobei den Arbeiten immer auch viel Persönliches inne wohnt.