Aktuelles / Notizen

05.10.2017

Rede Ausstellung Kurt Bruckner


Kunstkraftwerk Leipzig

Grusswort RR Christian Amsler zur Brucknerausstellung / im Kunstkraftwerk Leipzig ‪am Donnerstag, 5. Oktober 2017‬
 

Geschätzter Herr Prof. Dr. Löffler
Geschätzte Gäste und Kunstliebhaberinnen und Kunstliebhaber
Liebe Leipziger Freundinnen und Freunde
 
Vom Rhein bin ich gekommen, genauer gesagt sogar vom Rheinfall und habe euch den Kurt Bruckner im Gepäck mitgebracht, live als Person und mit seinem Werk. Wissen Sie, den haben wir in Schaffhausen so richtig gerne. Den kann man eigentlich gar nicht im Gepäck mitbringen! So ein grosses Gepäckstück gibt es gar nicht. Ein grossartiger Künstler.
 
Waren Sie schon mal am Rheinfall? Eigentlich haben die Schaffhauser ja ein bisschen ein gespaltenes Verhältnis zu ihrem Rheinfall. Er ist einfach da, man nimmt ihn zur Kenntnis. Und man muss ihn erst noch mit den Zürcher Nachbarn teilen! Dies weil die Kantonsgrenze Schaffhausen – Zürich mitten im Rhein beim Felsen durchführt. Viele Schaffhauserinnen und Schaffhauser waren selber noch nie auf dem berühmten Rheinfallfelsen.
Und trotzdem: Wir sind insgeheim und im Innersten natürlich schon sehr stolz auf diesen unseren Rheinfall. Wenn wir Gäste aus fernen Ländern bei uns empfangen, dann zeigen wir ihnen stolz dieses einmalige Naturspektakel von brachialer Wucht, Magie und Schönheit. Quelle der Inspiration, der Kraft der Natur und des steten Flusses. Genau wie das Werk von Kurt Bruckner! Mal schäumend und tosend und mal mit deutlich weniger Liter/Sekunde als friedlicher Wasser-Fall, Fall über die darunterliegenden Felsen.
 
Die Bilder von Kurt Bruckner haben das quasikristalline Penroseparkett als Grundlage. Ihn interessiert die aperiodische, sich nicht wiederholende Ordnung. Mit seinem selbstentwickelten Algorithmus können sie unendlich erweitert werden. Sein Interesse gilt vorwiegend der Erforschung und Erweiterungen der unterschiedlichen Möglichkeiten von Spiegelungen, Drehungen, Flechtmuster, Flächenmuster und die Wirkung von Farben. Das hat ganz viel mit unserer Natur und Welt und mit der Endlichkeit von uns Menschen zu tun!
 
Nun, und dieser Bruckner hat sich heute also tatsächlich ins Leipziger Kunstkrafwerk verirrt. In diesen genialen und bemerkenswerten Kunstbau! Und da musste ich doch als Schaffhauser Kultusminister und Aussenminister gleich herbeieilen um zu schauen, ob es ihm denn auch gut gehe bei euch im Exil!
 
Unser Schaffhauser Kultur-Urgewächs und umtriebiger und unermüdlicher Kulturbotschafter Beat Toniolo zeigt einen wunderbaren, experimentellen Mix verschiedenster Kunstformen im Einklang. Beat Toniolo schwatzt nicht nur, -wie so viele Menschen auf dieser Erde, sondern er tut, er macht, er experimentiert.
 
Arthur Schopenhauer, der deutsch Philosoph hat treffend gesagt:
„Wohin Denken ohne Experimentieren führt, hat uns das Mittelalter gezeigt; aber dieses Jahrhundert lässt uns sehen, wohin Experimentieren ohne Denken führt.“

Und der bekannte Evolutionsforscher Charles Darwin meinte ganz schlicht:
„Nur ein Narr macht keine Experimente.“
 
Keine künstlerische Arbeit lebt für sich alleine, sie sucht immer den Kontext, quasi den Schulterschluss mit dem Alltag, mit der Realität. Und trotzdem leben Künstlerinnen und Künstler immer in der Zerrissenheit zwischen stillem Schaffen und gleichsam dem Herausstülpen ihres Werkes in die Aussenwelt.
Kreativ sein! Selber machen. Selber denken. Selber überprüfen. Selber Verantwortung übernehmen. Selber bestimmen und auswählen.
 
Selber hinterfragen und selber aufstehen, wenn man nicht einverstanden ist, ist leichter gefordert als getan. Wer es nicht glaubt, muss nur in die Welt hinaus schauen. Die Vergangenheit lehrt uns, dass kein Wohlstand und keine politischen Rechte selbstverständlich sind. Jede Scheusslichkeit der Geschichte kann sich wiederholen. Und deshalb lohnt es sich zu recherchieren.
Zu malen, was ist.
Zu schreiben, was passiert.
Zu fotografieren, was vor sich geht.
Zu berichten, wie und warum es vor sich geht. Es einzuordnen, und darüber nachzudenken, wie es weitergeht oder weitergehen könnte. Bei uns und anderswo.

Ist der Augenblick ein Ufer? Ich würde die Frage klar mit JA beantworten.
 
Schaffhausen grüsst Leipzig, die Schweiz grüsst Deutschland und Sachsen! Ich geniesse den Augenblick am Ufer meiner Kulturferien.....Schön, bei euch zu sein!