Aktuelles / Notizen

25.06.2018

Förderbeiträge und Atelierstipendien 2018


Rede Regierungspräsident und Laudatios

Regierungspräsident Christian Amsler zur Verleihung der Förderbeiträge und Atelierstipendien im Haberhaus Schaffhausen am Mittwoch, 27. Juni 2018

Liebe Kulturschaffende

Sehr geehrte Damen und Herren, Vertreter und Vertreterinnen aus Kultur und Politik, geschätzte Medienschaffende

Ich freue mich sehr, Sie als Regierungspräsident und Kulturdirektor im Namen von Kanton und Stadt Schaffhausen ganz herzlich zur heutigen Verleihung der Förderbeiträge von Kanton und Stadt Schaffhausen sowie der Atelierstipendien des Kantons Schaffhausen auf der Haberhaus Bühne begrüssen zu dürfen.

Besonders begrüsse ich Stadtrat Dr. Raphaël Rohner, der als Stadtrat für die Kultur zuständig ist und der mit mir zusammen die Förderbeiträge überreichen wird.

Im Fokus stehen die Kulturschaffenden. Sie haben mit ihren Bewerbungen gezeigt, dass Kulturschaffende aus Schaffhausen spannende und innovative Projekte entwickeln, neue Ideen kreieren aber auch beharrlich an der Weiterentwicklung des eigenen künstlerischen Schaffens arbeiten. Dass die Wirkung nach aussen der eigenen künstlerischen Arbeit zentral ist, ergibt sich aus der Natur künstlerischer Arbeit. Dass diese Arbeit, wenn sie nach aussen wirkt, auch Kritik und Widerspruch provoziert, liegt ebenfalls in der Natur der Sache. Deshalb danke ich allen, die sich für einen Förderbeitrag oder ein Atelierstipendium beworben haben für die Bereitschaft, sich dem kritischen Urteil des Kuratoriums zu stellen. Dort, wo juriert wird, müssen Entscheide fallen. Das heisst aber auch, dass nicht alle Bewerbungen berücksichtigt werden können. Ich kann gut verstehen, dass diejenigen Kulturschaffenden, deren Bewerbungen nicht berücksichtigt werden konnten, enttäuscht sind. Ich bin allerdings sicher, dass das Kuratorium nach bestem Wissen und Gewissen seine Entscheide fällt. Nur schon die Amtszeitbeschränkung der externen Fachexpertinnen und Fachexperten im Kuratorium von maximal acht Jahren verhindert, dass immer die gleichen Augen und damit die gleiche Sicht die Bewerbungen beurteilen. Ich danke im Namen von Regierungs- und Stadtrat bestens für die engagierte, kenntnisreiche und kompetente Arbeit im Kuratorium.

Das Kuratorium besteht aus folgenden Persönlichkeiten: Alexandra Blättler, Kunsthistorikerin und freie Kuratorin, Moritz Müllenbach, Musiker und Komponist, Michael Rüegg, Co-Leiter des Fabriktheaters Rote Fabrik, sowie Andrea Reiter, die als Expertin für Literatur und Film den Vorsitz bei den Beratungen des Kuratoriums in diesem Jahr übernahm. Ergänzt wird das Kuratorium durch Cristina Baumgartner-Spahn, Leiterin des Rechtsdienstes des Erziehungsdepartements, die als Vertreterin des Kantons Schaffhausen im Kuratorium Einsitz hat, und Elisabeth Schraut, als Vertreterin der Stadt Stein am Rhein sowie Jens Lampater, den städtischen Kulturbeauftragten. Andrea Reiter wird anschliessend im Namen des Kuratoriums den Bericht zu den Förderbeiträgen abstatten.

In diesem Jahr werden die Förderbeiträge zum siebzehnten Mal verliehen. 2002 war der Startschuss. Was wir damals gemeinsam von Kanton und Stadt Schaffhausen entwickelten, hat sich bewährt. In diesen 17 Jahren wurden zusammen mit der heutigen Verleihung fast 100 Förderbeiträge verliehen.

Die Atelierstipendien für einen je sechsmonatigen Aufenthalt im vom Kanton unterhaltenen Atelier in Berlin konnten zum vierzehnten Mal ausgeschrieben werden. Die bisher gemachten Erfahrungen zeigen, dass sich das Atelier als Fördermassnahme bewährt, und es ist spannend zu verfolgen, wie sich die einzelnen Stipendiatinnen und Stipendiaten über die vergangenen Jahre hinweg mit der Stadt Berlin auseinandergesetzt haben. Roland E. Hofer wird in Abwesenheit von Cristina Baumgartner-Spahn als Geschäftsführer des Kuratoriums im zweiten Teil im Namen des Kuratoriums den Bericht zu den Atelierstipendien abstatten.

Ich danke allen Helferinnen und Helfern vor und hinter den Kulissen, die den heutigen Anlass organisiert haben. Ganz besonderer Dank gebührt Desirée Senn an der Geige und Rebekka Weber am Klavier, die uns mit Musique Tzigane durch den Anlass begleiten.

Ich danke aber auch der Crew der Haberhaus Bühne für die Organisation bestens. Es ist schon Tradition, dass wir die Verleihung jeweils an wechselnden Orten durchführen, an Orten eben, an denen Kultur gemacht und gezeigt wird.

Schliesslich danke ich Ihnen allen für Ihr Kommen. Wir befinden uns nicht zum ersten Mal in Konkurrenz mit einem sportlichen Grossereignis, der Fussballweltmeisterschaft. Dass heute das Schweizer Team spielt, macht die Konkurrenz umso grösser. Das Spiel gegen Costa Rica beginnt um 20.00 Uhr, es reicht also sicher zur zweiten Halbzeit. Dies ist die gute Nachricht für diejenigen unter uns, die vom Fussballfieber gepackt sind. Für die anderen gilt, dass Sie mit uns ganz frei von Fussball einen hoffentlich schönen und interessanten Abend verbringen können.

Im Anschluss an den offiziellen Teil wird ein Apéro serviert und wir freuen uns darauf, mit Ihnen anzustossen.

Förderbeitrag von Kanton und Stadt Schaffhausen 2018

Michael Stoll und Kulturverein Zwischenraum

Das Kuratorium begrüsst die Initiative von Michael Stoll und des von ihm mitinitiierten Kulturvereins Zwischenraum, einen Teil der ehemaligen Hallen für Neue Kunst im Zentrum Schaffhausens neu zu beleben und freut sich, dieses ambitionierte Vorhaben mit 16’000 CHF zu unterstützen. Mit verschiedenen Formaten und Initiativen plant das Kollektiv (namentlich mit Michael Stoll und Angelika Dreher) regionale, nationale wie auch internationale Szenen zusammen zu führen und damit eine Lücke in Schaffhausen zu füllen. Dabei spielen Ausstellungsformate genauso eine wichtige Rolle wie die Vermittlung, die verschiedene Interessengruppen zusammenführen soll. Das geplante Programm, wie auch das organisatorische Know-How, was sich beides auf überzeugende Art und Weise in der Eingabe niederschlug, lassen auf eine spannende und umtriebige Ergänzung der Schaffhauser Kunstszene schliessen. Das Kuratorium möchte mit dieser Geste zudem ein positives Zeichen setzen und regt an zu eigenen Initiativen und Ideen.

Marion Ritzmann

Das Kuratorium freut sich, Marion Ritzmann mit einem Förderbeitrag in der Höhe von 17’000 CHF auszuzeichnen. Ihre Arbeiten überzeugen das Kuratorium nicht zum ersten Mal durch Innovation, Witz und stetem Ausloten neuer künstlerischer Strategien. Bereits 2014 förderte das Kuratorium die Künstlerin mit einem Beitrag für die Erstellung einer präzise über längere Zeit entwickelten Übersichtspublikation.

Nach einem Aufenthalt in Marfa Texas, kehrt die Künstlerin fasziniert von der dort ansässigen, bis heute sichtbaren „Land Art“-Kunst in die Schweiz zurück. Eine Dimension von Kunst und Gedankengut, die mit den Hallen für Neue Kunst in Schaffhausen keine Unbekannte darstellte und Generationen zu prägen vermochte. Vergleichbar mit Agnes Martin plant nun Marion Ritzmann mit dem Wohnwagen durch Texas zu reisen. Während acht Wochen sind das Szeemann-Archiv im Getty Center LA, der Salzsee, New Mexiko und Marfa Zielstationen von Ritzmann, die ihren klar definierten Lebens- und Arbeitsort - auf kleinem Raum zwar, aber in der Weite der USA - in eigene künstlerische Arbeiten überführen möchte.

Gerne ermöglicht das Kuratorium die von der Künstlerin geplante Reise und ist gespannt auf die weiteren Entwicklungen, die den während der Reise generierten A5 bis A3 Formaten entspringen werden.

Sebastian Weber

Sebastian Weber hat sich an der Filmschule im polnischen Lodz zum Kameramann ausbilden lassen. Seine Bildgestaltung besticht durch einen spielerischen Umgang mit Licht und Schatten, Nähe und Distanz, Schärfe und Unschärfe. Das lässt sich bei seinen vielen kürzeren Regiearbeiten, zuletzt bei seinem Dokumentarfilm „Der Gast“ beobachten. Bei letzterem zeigt sich auch Sebastian Webers besonderes Gespür für das dokumentarische Erzählen selbst. Das Kuratorium unterstützt mit einem Förderbeitrag Webers neues Dokumentarfilmprojekt, bei dem er die Schweiz mit neuem Blick erkunden will, und die Vollendung eines Kurzfilms, für den er sich als Kameramann und Koproduzent engagiert. Das Kuratorium wünscht viel Erfolg!

Daniel Mezger

Was macht einen Menschen aus? Sind es bestimmte Charaktereigenschaften, die immer gleich bleiben oder ist es die Persönlichkeit, die durch Erfahrungen und das Erinnern an das, was früher war, im steten Wandel begriffen ist? Wie vage ist das Bild, das sich andere von einem machen? Und was, wenn man mit der eigenen Identität zu hadern beginnt?

In Daniel Mezgers neuem Buchprojekt „Alles außer ich“ sucht eine junge Frau nach ihrem Vater, den sie nicht kennt. Sie reist dafür aus ihrer Heimat Dänemark in die Schweiz. Ein potentieller Halbbruder taucht auf. Auch die Geschichte der Mutter und ihrer verflossenen Liebe wird aufgedeckt. Virtuos sind Vergangenheit und Gegenwart, Erlebtes und Erdachtes miteinander verknüpft. Dabei kreisen die Figuren um die Frage, was sie selbst ausmacht. Beim Vollenden seines Werks wünscht das Kuratorium dem Autor Inspiration und Musse!

Jana Honegger und Kent Clelland

Open Homeland heisst die audio-visuelle Performance, die Jana Honegger und Kent Clelland fertigstellen können. Inspiriert von der New Yorker Experimentalszene der 80er Jahre verarbeiten die Beiden Video-, Foto- und Audioaufnahmen ausschliesslich mit selbst entwickelter Software. Als ehemaliger kommerzieller Musikproduzent distanziert sich Clelland damit bewusst von grossen Softwarefirmen, die mit ihren Tools den Zugang zu genuin musikalischen Gedanken unmerklich verstellen. Durch die präzise Interaktion von Super8-artig bewegten Bildern und aufwändig im Raum verteiltem Klang entstehen vibrierende Stimmungsbilder aus einer stillgelegten Schmiede samt ihren pulsierenden Antriebsbändern, eines Schaffhauser Bienenstockes und vom urigen Brauchtum der Appenzeller Silvesterchläuse. 

Urs Vögeli

Der Schaffhauser Jazz-Gitarrist Urs Vögeli wird mit dem Förderbeitrag gleich zwei Projekte verwirklichen können. Als Reaktion auf den kriselnden Musikmarkt produziert die von Urs Vögeli gegründete Formation Ghost Town in Zusammenarbeit mit Ernst Thoma drei hochwertige Musikvideos, die öffentlich im Internet zur Verfügung gestellt, aber auch für Festivals bestimmt sind. Das Projekt schwimmt gegen den Social Media-Zeitgeist und stellt Qualität zur Abwechslung mal wieder vor Quantität. Ebenfalls quer stellt sich das Projekt „Songs for the Low“ mit derselben Quartett-Formation. Die Lieder thematisieren Depression als Krankheit und möchten damit umsichtig einen Gedankenraum öffnen, der mit der Verstummung von Betroffenen allzu oft verborgen bleibt.

Künstleratelier in Berlin - Atelierstipendium des Kantons Schaffhausen 2019

Velimir Ilisevic

Das Kuratorium freut sich, Velimir Ilisevic mit einem der beiden sechsmonatigen Atelierstipendien in Berlin auszuzeichnen. Gerne möchte der Kanton dem durch die VISARTE ermöglichten Aufenthalt in Paris eine weitere spannende Kunst-Station im benachbarten Ausland anfügen. Berlin ist bekannt als Brutstätte der jüngsten Kunstentwicklungen. Diese Stimmung, gemischt mit viel Malereigeschichte, können für Velimir Ilisevic ungeahnt Möglichkeiten eröffnen. Seinem gewünschten Studium des deutschen Expressionismus steht somit nichts mehr im Wege.

Seit Jahrzehnten widmet sich Velimir Ilisevic passioniert der Malerei. Ihm gelang es, in seinen reduzierten Landschaften eine eigene Ausdrucksweise und ein eigenes Vokabular zu entwickeln. Dabei hat er über viele Jahre das künstlerische Klima von Schaffhausen geprägt und bereichert. Dass er mit reduzierten Mitteln Inhalt und Form in ein subtiles Kunstwerk zu überführen vermag, möchte das Kuratorium mit einem Atelierstipendium in Berlin nun ehren.

Ursula Scherrer

Ursula Scherrer verwebt in ihren künstlerischen Arbeiten Tanz, Performance, Texte, Musik und Filmbilder. Unter anderem hat sie sich zuletzt mit der Kreation von Erlebnisräumen beschäftigt. In diesen werden die Besucherinnen und Besucher mit der Natur konfrontiert, die in den filmischen Bildern entfremdet erscheint und gemeinsam mit musikalischen Klängen eine andere Wahrnehmung ermöglicht. Von ihrem Aufenthalt in Berlin erhofft sich Ursula Scherrer neue Impulse. Sie plant den Stadtraum filmisch zu erkunden. Die Bilder will sie mit ihrer besonderen Technik des Verfremdens, Überlagerns und Kontrastierens nutzen, um wiederum neue Perspektiven zu eröffnen. Das Kuratorium wünscht der Künstlerin einen anregenden Aufenthalt.