Aktuelles / Notizen

23.11.2025

JAMES RIZZI - Ausstellung in Tübingen


Fröhliche Kunst bereichert die Welt

rizzi 8

Ein Stück New York in Tübingen - Ein neues Zuhause für das SoHo-Atelier

Dieses Jahr erst eröffnet haben wir das Neue Kunstmuseum Tübingen besucht. Dort wurde vor kurzem der detailreiche Nachbau des New Yorker Ateliers des weltbekannten Pop-Art-Künstlers James Rizzi im Stadtteil Soho als Dauerausstellung im Neuen Kunstmuseum Tübingen eröffnet.

Mit dem detailreichen Nachbau des New Yorker Ateliers von James Rizzi hält ein Stück SoHo Einzug in Tübingen. Original Möbel, persönliche Gegenstände und die Kunstwerke, mit denen sich Rizzi umgab, lassen die besondere Atmosphäre des Ortes spürbar werden, in dem Rizzi rund drei Jahrzehnte lebte und arbeitete. Die Stadt zwischen Hudson und East River und ihre Bewohner prägten den Künstler und seine Bildsprache nachhaltig. Nur vier Jahre, von 1970 bis 1974, verbrachte er ausserhalb des „Big Apple“ – in Florida, wo er Kunst studierte. 1981 erwarb er sein Loft in der Lafayette Street 284 im Herzen von SoHo. Hier entstanden nicht nur viele seiner bekanntesten Werke, sondern es wurde auch zu seinem Lebensmittelpunkt.

rizzi 9 rizzi 10
Originalmöbel links im Atelier in Soho, New York und rechts im nachgebauten Atelier in Tübingen

Nun hat dieses Atelier im Neuen Kunstmuseum Tübingen ein neues Zuhause gefunden. Als Dauerausstellung bietet es den Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit, tief in Rizzis kreativen Kosmos einzutauchen und die Energie seines Arbeits- und Lebensraums unmittelbar zu erleben. 

Begleitet wurde dies mit der temporären Sonderausstellung „HOME AWAY FROM HOME" dieses aussergewöhnlichen Künstler, dessen fröhliche Kunst die Welt bereichert, und der am 5. Oktober dieses Jahres 75 Jahre alt geworden wäre.

Die Ausstellung lädt dazu ein, in Rizzis Welt einzutauchen, und beleuchtet zugleich die besondere Verbindung zu seinem langjährigen Freund und Geschäftspartner Bernhard Feil. Ihm war es bereits zu Rizzis Lebzeiten ein Anliegen, das kreative Wirken des Künstlers für Besucherinnen und Besucher greifbar zu machen - und für Rizzi hier in Deutschland einen Ort zu schaffen, an dem die Grenze zwischen Zuhause und Fremde verschwimmt.

Die für die Ausstellung ausgewählten Werke zeigen, wie ein Gefühl von „Zuhause" auch fern der Heimat entstehen kann - sei es durch die Farben, die Figuren oder die positive Energie, die Rizzis Bilder ausstrahlen. Wir Betrachter werden dazu eingeladen, genau hinzusehen, sich mitreissen zu lassen und zu staunen, wie viele Menschen, wieviel geballtes Leben auf wenigen Quadratzentimetern Platz finden. 

rizzi 1

Bunt, verspielt, unverwechselbar

James Rizzi (1950 – 2011), geboren in Brooklyn, gilt als einer der populärsten Vertreter der Pop-Art. Seine comichaft-filigranen Stadtlandschaften, bewohnt von lachenden Häusern, fröhlichen Menschen und den berühmten Rizzi-Birds, sprühen nur so vor Lebensfreude.

Die Ausstellung im NKT ist zum Entdecken und Erleben gemacht, mit neuen Themenwelten, die frische Blickwinkel eröffnen. Sie widmet sich der Frage, wie man in der Fremde ein Zuhause finden kann, und lädt dazu ein, Rizzis künstlerische Welt in ihren vielen Facetten zu entdecken: von frühen Impulsen und Entwicklungen über die tiefe Verbundenheit zu seiner Heimatstadt New York bis hin zu seinen Reisen – vor allem nach Deutschland, wo sein Werk auf besondere Resonanz stiess.

Zu sehen sind frühe Arbeiten, Hauptwerke, selten gezeigte Unikate sowie eine nachgebildete 3D-Konstruktion, die zum Anfassen gemacht ist. Die Exponate stammen aus der umfangreichen Sammlung der Art 28, deren enge Partnerschaft mit dem Künstler den Grundstein für diese Ausstellung legte. In dieser Form erstmals vereint, findet Rizzis Werk nun seinen Platz im topmodernen Tübinger Museum. 

 

rizzi 2 

James Rizzi - Biografie
„Jimmy, if you could change any part of your life, what would it be?"
"If I could change anything in my life, I absolutely wouldn't."

„Jimmy, wenn du irgendeinen Teil deines Lebens ändern könntest, welcher wäre das?" „Wenn ich irgendetwas in meinem Leben ändern könnte, würde ich es absolut nicht tun."

James Rizzi (1950-2011) war ein Künstler, der wie kaum ein anderer das Lebensgefühl seiner Heimatstadt New York in Bilder fasste. Geboren in Brooklyn in einer Familie mit italienischen und irischen Wurzeln, wuchs er in einem Umfeld auf, das von kultureller Vielfalt geprägt war.

Über Umwege fand er zur Kunst, die er schliesslich in Florida studierte. An der University of Florida in Gainesville entwickelte er eine Technik, die ihn durch sein gesamtes Schaffen begleiten sollte: die 3D-Papierskulpturen. Seit den 1970er Jahren sind sie untrennbar mit seinem Namen verbunden und machten ihn weltweit bekannt. Doch Rizzi war weit mehr als der Erfinder einer Technik. Seine künstlerische Sprache umfasste Zeichnungen, Collagen und Druckgrafiken ebenso wie grossformatige Malereien auf Leinwand. Zudem verlieh er unzähligen Alltagsgegenständen seinen unverwechselbaren Stil - von Briefmarken und Porzellantassen über Autos bis hin zu einem ganzen Flugzeug. Unverkennbar „Rizzi" blieben dabei stets die klaren, schwarzen Umrisslinien, die leuchtenden Farben, der verspielte Humor und sein unerschütterlicher Optimismus.

New York spielte in Rizzis Werk eine zentrale Rolle und war für ihn Heimat wie Inspirationsquelle zugleich. Mit seiner Kunst erreichte er Menschen auf der ganzen Welt. Sein Erfolg war „self-made", getragen von seiner Nähe zum Publikum. Er inszenierte sich nie als unnahbarer Künstler, sondern blieb er selbst - für seine Freunde einfach Jimmy. In den USA, in Japan und besonders in Deutschland erfreute er sich grosser Beliebtheit. Deutschland wurde für ihn zu einem zweiten Zuhause fernab der Heimat.

Im Neuen Kunstmuseum Tübingen erhält sein Werk nun ein „HOME AWAY FROM HOME". Die Ausstellung lädt ein, Rizzi durch sein künstlerisches Schaffen zu begleiten - durch die Orte, die ihn prägten, und die Themen, die sein Werk einzigartig machen.

Hier ein paar Stationen und Besonderheiten in Rizzis Werk:

rizzi 12

Die Abschlussarbeit
Ein besonderes Werk markiert den Abschluss von James Rizzis Studienzeit: ein grossformatiges Quadriptychon.

In dieser Arbeit verdichten sich die Entwicklungen seiner frühen Jahre zu einer kraftvollen Bildsprache. Zu sehen ist eine pulsierende Strassenszene, die von einer unverkennbaren Farbigkeit bestimmt wird. Häuser, Strassen und Figuren scheinen in ständiger Bewegung zu sein. Die Architektur wirkt organisch, fast lebendig, als würde die Stadt selbst zu tanzen beginnen. Diese Dynamik, die später zu einem zentralen Kennzeichen seiner Kunst werden sollte, ist hier bereits deutlich zu erkennen. Die Komposition ist von flächigen Formen geprägt, die durch intensive Farbkontraste zum Leuchten gebracht werden. Besonders die Fenster sind auffällig: nicht nur farbenfroh, sondern auch durch geometrische Muster strukturiert. Sie verleihen der Szene einen Rhythmus, der zwischen Strenge und Verspieltheit oszilliert. Eine biografische Note verleiht dem Werk seine besondere Materialität: aufgespannt sind die Leinwände auf Eichendielen, die Rizzi aus dem Parkettboden seiner damaligen Studentenbude entnahm. So verbindet sich das Bild unmittelbar mit dem Ort seines Entstehens. 

Rizzis Druckerpresse
An der Universität lernte Rizzi die Technik der Radierung von der Pieke auf. Die Uni verwendete Druckerpressen der Marke „Charles Brand" (benannt nach dem Firmengründer, einem deutschstämmigen US-Amerikaner), die gemeinhin als die besten galten. Und genau so eine Presse war denn auch Rizzis erste grosse Anschaffung, als er nach Studienende wieder nach New York zog und keinen Zugriff mehr auf das Druckstudio seiner früheren Alma Mater hatte. 

Die Erfindung der 3D-Grafik
Um 1973 entwickelte James Rizzi als Student eine Technik, die später zu seinem Erkennungszeichen werden sollte: die 3D-Grafik. Ausschlaggebend war eine besondere Prüfungssituation, denn er belegte gleichzeitig die Hauptfächer Malerei, Bildhauerei und Druckgrafik. Sein Ziel war es, ein Werk zu schaffen, das allen drei Disziplinen gerecht werden konnte.

Er fertigte zunächst eine Radierung an, druckte diese zweimal und schnitt einzelne Motive aus. Mit kleinen Abstandshaltern montierte er die ausgeschnittenen Elemente auf den zweiten Druck, wodurch eine dreidimensionale Wirkung entstand. Anschliessend kolorierte er die gesamte Arbeit von Hand. Damit vereinte er gleich drei künstlerische Gattungen in einem Werk: als Druckgrafik vervielfältigt, als Malerei handkoloriert, als Skulptur plastisch gestaltet. Der Versuch war ein voller Erfolg - Rizzi bestand alle drei Fächer.

Zu den ersten 3D-Arbeiten zählt das Werk BIRDS. Anders als in seinen späteren Werken nutzte er hier noch Draht als Abstandshalter, was dem Bild eine grosse räumliche Tiefe verlieh. Auch inhaltlich ist das Werk bedeutsam: Das Motiv des Vogels, das schon in dieser frühen Arbeit auftaucht, sollte ihn als „Rizzi-Bird" sein Leben lang begleiten.

Ende der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre entwickelte Rizzi die Technik weiter. Seine 3D-Konst-ruktionen gewannen an Klarheit und näherten sich dem Stil an, der später unverwechselbar mit seinem Namen verbunden war. In der Farbigkeit blieb er noch experimentell, doch bereits hier tauchen Charaktere auf, die typisch für sein Universum werden sollten, wie etwa ausserirdische Figuren in Ufos.
rizzi 5

Von der Zeichnung zur 3D-Radierung

Bevor James Rizzi eine seiner typischen 3D-Konstruktionen präsentieren konnte, lag ein aufwändiger Arbeitsprozess vor ihm. Am Anfang stand stets eine Zeichnung, die er mit schwarzem Filzstift sorgfältig auf Papier entwarf. Diese diente als Vorlage für eine Radierung.

Für das Verfahren der Radierung wird eine Kupferplatte mit einer säurefesten Schicht überzogen, in die der Künstler das Motiv mit einer Radiernadel einritzen kann. Anschliessend wird die Platte in ein Säurebad gelegt, dass die freigelegten Linien vertieft.

Nach Reinigung der Platte kann Druckfarbe in die Vertiefungen eingerieben und durch eine Druckerpresse auf Papier übertragen werden. So entsteht im Tiefdruckverfahren ein Schwarz-Weiss-Druck, der die Grundlage für alle weiteren Schritte bildet.

Rizzi kolorierte die Radierungen anschliessend von Hand und nutzte die Möglichkeit der Vervielfältigung, um seine charakteristischen 3D-Bilder zu konstruieren: einzelne Motive wurden ausgeschnitten, mit Abstandshaltern versehen und auf den Druck geklebt. Der Prozess war äusserst arbeitsintensiv, denn jedes Detail wurde von Hand ausgeschnitten - und Rizzis Motive sind oft voller kleiner Figuren, Fenster und Formen. Gerade in dieser mühevollen Handarbeit liegt jedoch der besondere Reiz.

Vom Film zum 3D-Siebdruck

Im Unterschied zum Tiefdruck der Radierung ist der Siebdruck ein Durchdruckverfahren. Auch hier beginnt James Rizzi mit einer Vorzeichnung, die er auf einen transparenten Film überträgt. Dieser dient als Vorlage für den Druckrahmen, der aus einem aufgespannten Seiden- oder Nylongewebe besteht.

Das feine, siebartige Gewebe wird mit einer lichtempfindlichen Emulsion beschichtet. Sobald die Schicht getrocknet ist, legt man den bezeichneten Film darauf und belichtet mit UV-Licht. An den lichtdurchlässigen Stellen härtet die Emulsion aus, an den abgedeckten Stellen bleibt sie weich und wird anschliessend ausgewaschen. So entstehen die durchlässigen Partien des Siebes, durch die später Farbe gedruckt werden kann.

Beim Druckvorgang wird Druckfarbe mit einer sogenannten Rakel über das Sieb gezogen und gelangt durch die offenen Stellen direkt auf das Papier. Im Gegensatz zur Radierung ermöglicht das Verfahren auch das Übertragen von farbigen Flächen, sodass eine nachträgliche Handkolorierung nicht mehr notwendig ist.

Die weiteren Schritte bleiben jedoch gleich: Rizzi schnitt die einzelnen Motive sorgfältig aus, versah sie mit Abstandshaltern und klebte sie übereinander.

Auf diese Weise entstand auch beim Siebdruck die charakteristische Dreidimensionalität, die seine Werke so unverkennbar macht.

rizzi 3

Magnetbilder

Die Idee zu den Magnetbildern entstand direkt aus Rizzis Arbeit an seinen 3D-Konstruktionen. Er fragte sich, wie es wäre, wenn sich die einzelnen Teile nicht nur übereinanderschichten, sondern auch bewegen liessen. Nach einigem Überlegen kam er auf die Lösung: Magnete.

Besonders reizvoll war für ihn dabei, dass er damit bewusst eine Regel der Kunst brach. Im Museum lautet die erste Vorschrift: „Bitte nicht berühren." Rizzi kehrte diesen Grundsatz um und schuf Werke, die nicht nur angeschaut, sondern angefasst, verschoben und neu arrangiert werden konnten.

So erhielten die Betrachtenden die Möglichkeit, den Bildern ihren eigenen Stempel aufzusetzen - und wurden selbst zu Mitgestaltenden des Kunstwerks. Selbst wenn alle Magnete entfernt sind, bleibt der Hintergrund ein eigenständiges Kunstwerk. Damit eröffnen die Magnetbilder ein spielerisches Wechselspiel zwischen Künstler und Publikum, das Rizzis Haltung perfekt verkörpert: Kunst ist für alle da. 

Manhattan Melodie

Nach dem Studium zog es James Rizzi zurück in seine Heimatstadt New York - für ihn die unumstrittene Kunsthauptstadt der Welt. Während viele seiner Kommilitonen in Florida blieben, entschied er sich für das künstlerische Zentrum SoHo. 1974 mietete er dort eine leerstehende Ladenfläche, renovierte sie und richtete darin ein Studio und eine Galerie ein.

Im Schaufenster platzierte er seine Druckerpresse, um Passanten auf seine Arbeit aufmerksam zu machen. 1981 fand er schliesslich in der Lafayette Street ein festes Zuhause: ein Loft, das zugleich Wohnraum und dauerhaftes Atelier wurde.

New York selbst wurde zu seiner grössten Inspirationsquelle. Die Stadt, in der er aufgewachsen war, erscheint in seinen Werken als Ort voller Energie bei Tag sowie bei Nacht. Häuser, Strassen, Menschen, Autos, Tiere und seine berühmten Rizzi-Birds bevölkern seine Stadtszenen in leuchtenden Farben. Selbst die Architektur erhält Gesichter und scheint lebendig zu werden.

Charakteristisch für Rizzis Handschrift ist die kräftige, klare Kontur, die jedes Detail umschliesst, sowie die intensive Farbigkeit, die seinen Bildern eine besondere Strahlkraft verleiht. In dieser Verbindung von Linie und Farbe entsteht ein unverwechselbarer, ausdrucksstarker Rhythmus. 

Masterpieces

Die hier gezeigten grossformatigen 3D-Konstruktionen sind eindrucksvolle Zeugnisse von James Rizzis künstlerischem Können. Der Entstehungsprozess dieser Werke erstreckte sich über mehrere Monate: von der detaillierten Vorzeichnung über die aufwändigen Druckverfahren bis hin zum präzisen Ausschneiden und Aufkleben der einzelnen Elemente von Hand.

Durch das Grossformat entfalten die Masterpieces ihre besondere Wirkung: Jede Szene ist reich an Details und bietet unzählige Entdeckungsmöglichkeiten. Häuser, Figuren, Autos, Rizzi-Birds sowie vieles mehr, fügen sich zu lebendigen Stadtszenen zusammen, in denen sich die Betrachtenden verlieren können.

Ein Beispiel dafür ist das Werk THE LAST STOP IS CONEY ISLAND. Inspiriert wurde es von einem Kindheitsmoment: Rizzis erste Fahrt mit der U-Bahn führte ihn nach Coney Island - zugleich die Endhaltestelle der Linie. Dieses Erlebnis, geprägt von der Fülle an Menschen, der Bewegung und dem geschäftigen Treiben, prägte sich tief ein. All diese Eindrücke spiegeln sich in der lebendigen, dynamischen Bildszene wider.

Die Werke zeigen nicht nur die meisterhafte Handwerkskunst, sondern auch, warum James Rizzi als einer der bedeutendsten Vertreter der Pop Art gilt. Sie verbinden technische Präzision, lebendige Farbigkeit und die unverwechselbare Handschrift des Künstlers zu einem visuell beeindruckenden Gesamterlebnis.

rizzi 6

MAKING SOMETHING OUT OF NOTHING

Die Entstehungsgeschichte dieses Werkes ist ebenso humorvoll wie vielschichtig. Ein Freund von James Rizzi wünschte sich zu seinem Geburtstag ausdrücklich „Nichts": „Please, I want nothing for my birthday." Rizzi nahm diesen Wunsch wörtlich - und zugleich künstlerisch ernst. Er entwarf MAKING SOMETHING OUT OF NOTHING und brachte das Werk zur Feier mit.

Der Gastgeber war begeistert und verkündete stolz, er habe von Rizzi tatsächlich „Nichts" geschenkt bekommen.

Doch hinter dem augenzwinkernden Anlass steckt eine tiefere Bedeutung. Die Arbeit verweist auf das Wesen der Kunst selbst: Aus dem vermeintlichen „Nichts" kann ein Künstler „Alles" bzw. „Etwas" schaffen. Die zentrale Wort-Bild-Komposition verdeutlicht diesen Gedanken: Das dominante „NOTHING" hebt sich durch seine blau-grün alternierenden Buchstaben klar von der bunt gestalteten Umrandung ab. Gerade in der Reduktion und vermeintlichen Leere des mittleren Bildfeldes, entfaltet sich eine überraschende Präsenz.

Weggefährten

Neben dem ikonischen Rizzi-Bird tauchen auch immer wieder Hunde, Katzen und sogar Kühe in seinen Arbeiten auf. Sie bevölkern seine Bildwelten, verleihen ihnen Witz, Charme und erzählen ihre eigenen Geschichten. Um es mit den Worten von Rizzi selbst zu beschreiben: „I'm in a Moo York State of Mind."

Interessanterweise nehmen die Kühe eine besondere Rolle ein. Schon aus seiner Studienzeit lässt sich eine Kohlezeichnung finden. Sie zeigt eine Kuh auf der sich ein Rizzi Bird niedergelassen hat. Die Zeichnung macht deutlich, wie sehr sich der Stil des Künstlers von den frühen Anfängen bis hin zu seinen ikonischen Werken weiterentwickelte. Später bemalte Rizzi sogar drei lebensgrosse Fiberglas-Kuhskulpturen, die in New York City öffentlich ausgestellt wurden und seine Tiermotive in den Stadtraum überführten.

Auch seine Haltung zu Tieren spiegelt sich in persönlichen Anekdoten wider. Auf die Frage, ob er eher ein Hunde- oder Katzenmensch sei, erzählte Rizzi, dass er während seiner Studienzeit einmal einen streunenden Hund gefüttert habe, den er sehr mochte.

Doch als Künstler in der Stadt sei er eindeutig ein Katzentyp. In seinem Atelier lebte er mit seiner Katze Tippytoes zusammen, die er für ihre Eigenständigkeit besonders schätzte.

rizzi 13

Kunst für Alle

In dieser Auswahl werden die sogenannten „Minis" gezeigt - Arbeiten im Kleinformat, die aus Rizzis Grundidee entstanden, Kunst für alle zugänglich zu machen. Mit den Minis wollte er zeigen, dass Kunst nicht exklusiv sein muss, sondern für jede und jeden erfahrbar und erschwinglich sein kann. Trotz ihrer kompakten Grösse tragen die Werke die unverwechselbare Farbigkeit, die markante Konturführung und den lebendigen Ausdruck, der Rizzis Handschrift ausmacht.

Zugleich wusste Rizzi um die Kraft der Vielzahl: Auch kleine Arbeiten können in der Summe eine monumentale Wirkung entfalten. So gestaltete er eine Edition, in der 81 Minis zu einem grossformatigen Werk zusammengefasst wurden.

rizzi 11

Peace and Love

Peace and Love, also Frieden und Liebe sind nicht nur wiederkehrende Motive im Werk von James Rizzi, sondern bilden beinahe eine Philosophie, die seine Kunst durchzieht. Viele seiner Bilder entwerfen eine Idealwelt des Friedens und der Harmonie - bunt, lebendig und voller Optimismus. Das bekannte Peace -Symbol erscheint in unterschiedlichsten Farben und Formen, wie etwa in der monumentalen Arbeit GIVE PEACE A CHANCE. Dahinter stand Rizzis Anliegen: ein respektvolles Miteinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion und Kultur. Diese Haltung wurzelt zum einen in seiner Prägung durch die Hippie-Bewegung. Während des Studiums bezeichnete er sich selbst als Hippie, trug lange Haare und Bart - ein Lebensgefühl, das seine Sicht auf die Welt nachhaltig beeinflusste. Zum anderen war es seine Heimatstadt New York, deren Vielfalt er als vorbildlich empfand. In seinen Werken schlägt sich diese Weltoffenheit nieder. Untrennbar verbunden mit dem Frieden ist die Liebe.

Herzen erscheinen als zentrale Symbole in vielen von Rizzis Arbeiten, auch in grossformatigen 3D-Konst-ruktionen. Doch im persönlichen Leben nahm er das Thema keineswegs leichtfertig. „I don't fall in love, I grow in love" („Ich verliebe mich nicht, ich wachse in die Liebe hinein"), bemerkte er einmal - und machte damit deutlich, dass er Liebe nicht mit blosser Verliebtheit verwechselte. Als Künstler aber übersetzte er sie in eine universelle Sprache: direkt und von einer ansteckenden Leichtigkeit geprägt.

rizzi 7 

Begegnungen

James Rizzi war ein Mensch, der ungern allein war. Sein Loft in New York öffnete er daher gerne für Freunde und Weggefährten, die bei ihm stets willkommen waren. Für ihn waren Freunde, die ihn über lange Zeit begleiteten, ein Teil seiner Familie. Auch die Freude am Kennenlernen neuer Menschen spiegelt sich in vielen seiner Werke wider. Sie zeigen seine offene, neugierige Art und die Überzeugung, dass Begegnungen das Leben bereichern. In den bunten, vielstimmigen Bildwelten Rizzis begegnen sich Menschen unterschiedlichster Herkunft in einem harmonischen Miteinander - ganz so, wie er es selbst lebte und schätzte. 

Monumentale Formate

Rizzis Kunst existiert in allen Dimensionen: Neben kleinen, handlichen Formaten finden sich auch monumentale Leinwandwerke. Diese waren jedoch durch die Gegebenheiten des Hauses limitiert. Die maximale Grösse war durch den Fahrstuhl in seinem Wohnhaus bestimmt, der Transporte nur bis etwa 180 x 150 cm zuliess.

Lediglich eine Leinwand überschritt diese Dimension. Da sie nicht in den Aufzug passte und bemalt nicht mehr durch das Treppenhaus transportiert werden durfte, blieb das monumentalste Werk in Rizzis Wohnzimmer hängen - und ist heute im rekonstruierten Atelier im zweiten Stock zu entdecken.

rizzi 4 
Rizzi Ausstellung in der Neuen Kunsthalle Tübingen 2025